Keine "Pinkelpausen" mehr

TRIER. Die Bahn hat einen Grund für Verspätungen abgeschafft: Künftig soll es keine defekten und abgesperrten Klos mehr in Nahverkehrszügen geben, dadurch notwendig gewordene "Pinkelpausen" und Aufenthalte sollen entfallen.

Wenn in der Vergangenheit jemand mit zusammengekniffenen Beinen aus einem Zug ausstieg, wusste man, dass wieder mal die Toiletten außer Betrieb und abgesperrt waren. Regelmäßig legten Nahverkehrszüge, auch die in Richtung Saarbrücken, Köln oder Koblenz, Pinkelpausen in Bahnhöfen ein, damit die Fahrgäste ihr "Geschäft" verrichten konnten. Oft mussten die Leute sogar Schlange stehen, bis sie an die Reihe kamen - und sich meist gegen Bezahlung erleichtern durften. Verspätungen von 20 oder 30 Minuten waren dadurch keine Seltenheit.Pausen akribisch dokumentiert

Doch die Zugbegleiter wussten sich nicht mehr zu helfen: "Ich kann ja schließlich keine Eimer im Zug aufstellen", meinte ein Schaffner einmal. Ein bundesweites Problem. Und das nicht nur in übervollen Zügen. Auch wenn nur wenige Fahrgäste mitfuhren, waren die Toiletten zugesperrt und mussten unplanmäßige Stopps zwecks Blasenleerung eingelegt werden. Und jede "Pinkelpause" musste fein säuberlich in amtlichen Bahnprotokollen festgehalten werden: "Weitere Pinkelpause eingelegt. Etwa 30 Personen gingen zur Bahnhofstoilette", hieß es etwa darin. Doch damit soll nun Schluss sein. Seit Anfang des Jahres können auch Reisende mit Blasenschwäche wieder unbesorgt, die Nahverkehrszüge benutzen. Das jedenfalls verspricht die Bahn. Neuerdings werden die Zugtoiletten nämlich jede Nacht speziell gereinigt. Während die Züge in Trier und Kaiserslautern nachts gewartet werden, werden alle Klos ausgebaut und mit einem 30 000 Euro teuren Gerät intensiv gereinigt, jede Toilette einzeln. "Mit dem Gerät haben wir ganz andere Reinigungsmöglichkeiten", sagt Bahnsprecherin Irmgard Hammermeister. Pinkelpausen seien damit überflüssig geworden, hofft sie. Schuld an der Klo-Misere seien keinesfalls, wie vielfach vermutet, Sparmaßnahmen der Bahn beim Reinigungspersonal. Sondern zum einen das geschlossene System der Toiletten und der ganz profane Urinstein, der sich nun mal bei allen Toiletten bildet. Dadurch sei der Schieber in den Chemo-Klos nicht mehr aufgegangen, es hätte nicht mehr abgespült werden können. Verstopfungen haben sich gebildet. Die Folge: Die Zugbegleiter mussten nach und nach alle Toiletten in den Wagen dicht machen - zum Frust der Fahrgäste."Geschäft" im Zug erledigt

Kein neues Problem: Bereits beim Start des so genannten Pendolinos auf der Eifelstrecke vor über sieben Jahren sorgten kaputte Klos für Ärger. Mehr als einmal mussten die Neige-Züge unplanmäßige Toilettenstopps einlegen. Einige Reisende wollten nicht so lange warten, sie pinkelten kurzerhand in den Zug. Desöfteren kam es zu unappetitlichen Szenen in den Abteilgängen. Abgesperrte, weil angeblich defekte Zug-Toiletten, sorgen seit geraumer Zeit immer wieder für Ärger bei der Bahn. Nicht nur in Nahverkehrszügen mussten Reisende schon öfter die Beine zusammenkneifen und bis zur Endstation warten. Auch IC-Züge sind betroffen. Vor fünf Jahren verklagte ein Fahrgast die Bahn deswegen auf 870 Euro Schadenersatz. Vier Stunden lang konnte er in einem ICE nicht aufs Klo gehen. Die Bahn verlor und musste dem Mann 300 Euro zahlen.

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