Keine Silbe über den Kontrahenten

TRIER. Jazz statt Blaskapelle, Sprudel statt Alkohol, schickes City-Ambiente statt rauchgeschwängerter Bierdunst-Atmosphäre: Der SPD-Wahlkampfauftakt im Trierer Casino am Kornmarkt hielt sich von Aschermittwochs-Klischees weitgehend fern.

Das passte zum Publikum, in dessen Reihen die SPD-Vorsitzende Malu Dreyer ungewöhnlich viele Multiplikatoren aus Wirtschaft, Verwaltung, ja sogar Kultur, Kirche und Karneval begrüßen konnte - keine Selbstverständlichkeit in Trier. Auch die vergnügliche Trierer Stadtgeschichte mit "Fischers Maathes" alias Helmut Haag zur Einstimmung erinnerte eher an Karneval als an heißen Wahlkampf. Selbst Kurt Beck, hinsichtlich Figur und Gesichtsfarbe ein Flair von absolviertem Wahlkampf-Trainingscamp verbreitend, mied polemische Töne und konzentrierte sich auf Wohlfühl-Rhetorik. Ganz Landesvater, lobte er die "begnadet schöne Landschaft", warb demonstrativ bescheiden um Verständnis für Politiker ("Wir machen ja nicht immer nur alles falsch") und enteignete ganz nebenbei seinem - für ihn offenbar namenlosen - Herausforderer dessen Lieblingsthema von der ehrenamtlich engagierten "Bürgergesellschaft". Viel Raum nahm die Sozialpolitik ein: Die Appelle zum solidarischen Umgang mit allen Benachteiligten der Gesellschaft brachten bei den 200 - überwiegend parteinahen - Zuschauern den sichersten Beifall. "Niemand von uns hat mit entschieden, in welches Elternhaus er geboren wird", formulierte Beck sein sozialdemokratisches Credo. Und leitete daraus die Ankündigung ab, bis 2010 die Kindergärten komplett beitragsfrei zu machen. Ansonsten beteiligte sich der Ministerpräsident kaum am derzeitigen Wahlversprechen-Wettbewerb, schimpfte darüber, dass die Union mit Zahlen wie "800 Polizisten mehr" hausieren gehe. Die Forderung seines Kontrahenten Böhr, Kinder früher in die Schule zu schicken, werde "840 Millionen Euro kosten und das Land innerhalb von zwei Jahren finanziell ruinieren", wetterte Beck. Darüber hinaus spielte die CDU, von einem ironischen Schlenker über die strafrechtlichen Malessen einiger CDU-Abgeordneter abgesehen, keine Rolle. So wenig wie Landwirtschaft, Weinbau oder Verwaltungsreform. Lieber lobte der Titelverteidiger das "Aufsteigerland Rheinland-Pfalz", streute immer wieder Vokabeln wie "Zuversicht" und "Kraft" in die knapp einstündige Stegreif-Rede ein - und vergaß natürlich nicht, das Engagement des Landes für Trierer Projekte wie den Petrisberg, die LGS oder die Konstantin-Ausstellung zu erwähnen.

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