Klassenzimmer im Wingert

Winningen. (agh/mjg) Dröge Theorie in heißen Klassenzimmern zu pauken ist vorbei: Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau verlegt das Klassenzimmer in Weinberge und auf Felder.

 Zwischen Schiefer und Reben: Dritt- und Viertklässler aus Winningen erleben auf dem Winzerhof Richter Unterricht vor Ort.Foto: Thomas Frey

Zwischen Schiefer und Reben: Dritt- und Viertklässler aus Winningen erleben auf dem Winzerhof Richter Unterricht vor Ort.Foto: Thomas Frey

"Puh! Geht das aber tief bergab. Von unten sieht das gar nicht so gefährlich aus", meint die elfjährige Vivien. Gemeinsam mit ihren Schulkameraden der dritten und vierten Klassen der Grundschule "Am Löwentor" steht sie in den Steillagen des Winninger Röttgen. Es ist die Auftaktveranstaltung eines Unterrichts der besonderen Art: Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau verlegt das Klassenzimmer auf Bauernhöfe und Weingüter. "Praxis vor Ort, statt trockener Theorie", nennt Leo Blum, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes, das Konzept. Die Betriebsleiter zeigen den Kindern und Jugendlichen vor Ort ihre täglichen Arbeiten und geben ihnen einen Einblick in die "grünen Berufe". 150 bäuerliche und weinbauliche Familienbetriebe wollen die Schüler in den nächsten Wochen über ihre Höfe führen und mit ihnen diskutieren. Leo Blum verkündet zur Eröffnung: "Dabei ist kein Thema tabu." Zu viel versprochen hat er nicht. Die Kinder lernen das Weingut Richard Richter von allen Seiten kennen, wandern durch den Wingert und besichtigen den historischen Weinkeller. Die beiden Gastgeber des Tages und Initiatoren des Bauern- und Winzerverbandes, Claus-Martin und Thomas Richter, gewähren anschauliche und tief gehende Einblicke in die Arbeit des heutigen und des historischen Weinbaus. Wie schweißtreibend es auch im 21. Jahrhundert ist, die Rebstöcke im Winninger Röttgen zu pflegen und hegen, wird den Grundschülern schon beim schlichten Marsch durch die Steillagen klar. Von 30 Grad im Weinberg gehen sie ein paar Stufen hinab zu 13 Grad im Weinkeller. In dem modrigen und finsteren Gewölbe ist Viviens Klassenkamerad Christian "richtig gruselig" zu Mute. Thomas Richter beruhigt und erklärt: "Der Schimmel hier an den Flaschen und Wänden zeigt uns aber, dass wir die richtige Temperatur und Luftfeuchtigkeit zur Weinlagerung haben." Die Kinder erfahren, dass sie in der Schule wirklich für das Leben lernen: erworbene Kenntnisse können in den "grünen Berufen" angewendet werden - Technik, Biologie, Geologie, handwerkliche und soziale Kompetenzen. "Toll, was wir hier alles zu sehen bekommen", lobt auch Klassenlehrerin Claudia Blanckart. Erschöpft, aber begeistert kommen die Grundschüler zum Abschluss des Tages in den Genuss einer richtigen Saftprobe. Der Wein bleibt allerdings in den Flaschen, um weiter zu reifen. Wie das geht, das wissen die Kinder jetzt. Adressen und Unterrichtsmaterialien gibt's beim Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau, Telefon 0261/3043344 oder per E-Mailnetter@bwv-net.de

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