Kletterer vor dem Kadi

TRIER. Die Hintergründe einer Monate zurückliegenden spektakulären Festnahme in der Trierer Innenstadt sind geklärt. Demnächst stehen in Landau vier Männer vor Gericht – Mitglieder einer professionellen jugoslawischen Einbrecherbande, wie die Staatsanwaltschaft sagt. Einer der mutmaßlichen Gangster wohnt in Trier.

Einen derart spektakulären Polizeieinsatz kannten die zahlreichen zufälligen Augenzeugen bis dato nur aus dem Fernsehen: Kurz vor 15 Uhr zerreißt am 1. Oktober vergangenen Jahres ein Schuss die nachmittägliche Ruhe am Nikolaus-Koch-Platz in der Trierer Innenstadt. Mehr als 50 000 Euro erbeutet

Mitglieder eines Sondereinsatzkommandos der Polizei haben eingangs der Metzelstraße ein Auto durch einen gezielten Schuss in den Reifen gestoppt. Kurz darauf sind zwei Insassen des Wagens mit Handschellen gefesselt. Polizisten in Zivil drücken sie zu Boden. Eine weitere Insassin des gestoppten Autos liegt stöhnend auf der Straße. Die Frau ist offenbar vor Schreck kollabiert, ansonsten aber unverletzt. Später stellt sich heraus: Sie ist die in Trier lebende Mutter der beiden festgenommenen Brüder. Über die Hintergründe der "Tatort"-reifen Szene hüllte sich die Polizei zunächst in Schweigen - "aus ermittlungstaktischen Gründen", wie es hieß. Mittlerweile ist allerdings klar, wem die geheimnisumwitterte Aktion galt - einer von den Fahndern seit langem verfolgten Diebesbande. Einer der mutmaßlichen Gangster hat seinen Wohnsitz in Trier, auch seine Mutter und eine Schwester leben hier. Das Diebes-Quartett, vier Männer im Alter zwischen 25 und 30 Jahren, soll nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zwischen November 2003 und der Festnahme elf Monate später im großen Stil in pfälzische und zuletzt auch bayerische Weingüter eingebrochen sein. Dabei hatten sie es laut Anklageschrift vor allem auf Bargeld, Geldkassetten und Tresore abgesehen. Mehr als 50 000 Euro sollen ihnen so in die Hände gefallen sein. Berühmt-berüchtigt waren die wegen ähnlicher Delikte vorbestraften Männer für ihre akrobatischen Kletterkünste. Nicht immer ging dabei alles glatt. Bei einem Einbruchsversuch rutschte einer der Einbrecher aus und fiel durch ein Vordach auf den Boden. Trotzdem gelang ihm anschließend die Flucht.Alle Seiten rechnen mit hartem Prozess

Die Fahnder hatten die aus Jugoslawien und Serbien-Montenegro stammenden Männer wochenlang observiert und ihre Autos mit Peilsendern ausgestattet, ehe sie zugriffen. Seit Oktober sitzt das Quartett in Untersuchungshaft. Die Verdächtigen bestreiten die Taten oder schweigen zu den Vorwürfen. Der Prozess beginnt Anfang September vor dem Landauer Landgericht und ist mit 25 Verhandlungstagen bereits bis Weihnachten terminiert. "Alle Seiten rechnen mit einem harten und strittigen Prozess", sagt der Trierer Rechtsanwalt Otmar Schaffarczyk, der einen der Angeklagten vertritt. Bei einer Verurteilung drohen den Männern Gefängnisstrafen bis zu zehn Jahren.

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