Konzepte gegen Gewalttäter

Gewalt ist bei Jugendlichen weiter auf dem Vormarsch. Während die Kriminalitätsrate insgesamt sinkt, stieg die Gewaltkriminalität in Rheinland-Pfalz in fünf Jahren um 25 Prozent. Hessen will nun einen "Warnschuss-Arrest" bei Bewährungsstrafen einführen.

Mainz. Überfälle, Schlägereien und Erpressung von Jugendbanden sorgen für Schlagzeilen, Drohen und Stehlen ("rippen") für Ängste: Bundes- und Landesregierung sehen allerdings weniger in einer Brutalisierung der Jugendlichen als vielmehr in erhöhter Anzeigebereitschaft der Bevölkerung den wesentlichen Grund für die steigenden Zahlen bei der Gewaltkriminalität. Entsprechende Hinweise geben Studien und Schülerumfragen des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen. Hessens Justizminister Jürgern Banzer will dennoch mit einem "Warnschuss-Arrest" bei Bewährungsstrafen reagieren, um angesichts einer "besorgniserregenden Entwicklung" kriminelle Karrieren so früh wie möglich zu unterbrechen. Günther Ucharim, beim Mainzer Landeskriminalamt für den Bereich Jugendkriminalität zuständig, sieht drei Ursachen für die gestiegenen Gewalt-Zahlen: Es gibt mehr Körperverletzungen, konsequenter als früher wird Anzeige erstattet und die immer bessere Ermittlungsarbeit der vor Jahren eingerichteten Jugendsachbearbeiter der Polizei. Gab es in Rheinland-Pfalz im Jahr 2002 noch 3500 Tatverdächtige unter 21 Jahren im Bereich Gewaltkriminalität, waren es 2006 mit 4450 rund 25 Prozent mehr. Bei Jugendlichen bis 18 liegt der Zuwachs sogar bei 30 Prozent. Bei der Staatsanwaltschaft Trier bewegen sich die geschätzten Fälle von Jugendgruppengewalt, in denen meist alkoholisierte Jugendliche gegen Passanten tätlich wurden, mit zehn und von sogenanntem "Ripping" mit 15 in den letzten Jahren in einem überschaubaren Rahmen. "Keine organisierten Jugendbanden"

Rund 500 "Ripping"-Taten pro Jahr meldete dagegen die Staatsanwaltschaft Koblenz bei einer Abfrage des Justizministeriums. Darunter waren jedoch auch alle Einzeltäter. Ein handfestes Problem mit Jugendbanden gibt es nach Angaben des Koblenzer Oberstaatsanwaltes Hans-Peter Gantner aber nicht. "Wir haben in Rheinland-Pfalz keine organisierten Jugendbanden mit festgefügten Strukturen", gibt sich auch Ucharim überzeugt. Was als Gruppengewalt läuft, rührt aus seiner Sicht meist aus spontanen Entschlüssen, oft genug befördert von Alkoholkonsum. Hessens Vorstoß für den Warnschuss-Arrest begegnet Rheinland-Pfalz skeptisch. Die Arrestanstalten seien bereits voll belegt, heißt es im Justizministerium. Die Strafe könnte daher nicht auf dem Fuße folgen und liefe erzieherisch ins Leere. Doch auch ansonsten gibt es Vorbehalte: Eine Bewährungsstrafe mit Auflagen könne mehr bewirken als der Arrest als Zuchtmittel, so eine Sprecherin von Justizminister Heinz Georg Bamberger.

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