Kundus-Bombardement wühlt den Bundestag auf

Im Bundestag gab es Streit um die Zeugenanhörung zum Kundus-Bombardement: Während die SPD dabei vor allem auch auf Angela Merkel abzielt, will die CDU zunächst Soldaten und Beamte anhören.

Berlin. Das Ereignis vom 4. September, bei dem wahrscheinlich 142 Menschen starben, führt endgültig die Themenhitparade der deutschen Innenpolitik an. Und das dürfte noch ein Jahr lang so weitergehen. Denn am Mittag konstituierte sich gestern auch ein Untersuchungsausschuss zu diesem Thema, der erste in dieser Legislaturperiode. Der Verteidigungsausschuss übernimmt diese Aufgabe selbst und kann nun Zeugen unter Eid hören.

Über die Parteigrenzen hinweg war man sich einig, dass die Untersuchung so weit wie möglich öffentlich erfolgen soll. Auch die Fragestellung war schnell klar. Demnach geht es zum einen darum, ob bei dem Bombardierungsbefehl eines deutschen Oberst die Einsatzregeln eingehalten wurden. Hier schwelt der Verdacht, die Bundeswehr habe womöglich entgegen dem vom Bundestag erteilten Mandat ihre Strategie geändert - von der passiven Reaktion auf Taliban hin zu deren aktiver Bekämpfung.

Einen solchen heimlichen "Strategiewechsel" verneinte das Verteidigungsministerium jedoch. Es habe lediglich im Sommer eine Klarstellung der Einsatzregeln gegeben. FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger erinnerte daran, dass damals die sogenannte "Taschenkarte" der Soldaten nach langer, öffentlicher Debatte geändert wurde. Sie dürfen seitdem aktiv auf Taliban schießen. Guttenberg sagte, auch die Opposition habe anhand der vorliegenden Berichte seit dem 6. November wissen können, dass der Bombenabwurf gezielt auch den Taliban galt.

Passive und aktive Bekämpfung der Taliban



Vor allen Dingen aber richtet sich der Untersuchungsauftrag auf die Frage, wer wann wen in Berlin über das Geschehen informiert hat und ob Informationen dem Parlament oder der Öffentlichkeit vorenthalten wurden.

90 Beweisanträge legten die Oppositionsfraktionen dazu im Untersuchungsausschuss vor und präsentierten eine Liste mit über 40 Zeugen - von Soldaten über die Generalität und den Verteidigungsminister bis hin zur Kanzlerin Angela Merkel, den Ex-Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (beide CDU) und Frank-Walter Steinmeier (SPD).

Bei der Reihenfolge der Vernehmungen war die Übereinstimmung jedoch dahin. Während die Opposition die Untersuchung erkennbar auf Merkel und Guttenberg richten und beide gleich zu Beginn vorladen will, sprechen die Regierungsfraktionen davon, dass zuerst Soldaten und Beamte gehört werden sollen. Darüber wird nun im Januar entschieden.

Ein Nebenkriegsschauplatz entfaltete sich um die Entlassung des Generalinspekteurs Schneiderhan. Er erklärte öffentlich, Guttenbergs Vorwurf, er habe dem Minister bewusst Unterlagen vorenthalten, sei "unwahr" und "ehrenrührig". Die SPD nannte die Entlassung daraufhin "unanständig".

Der Minister konterte im Bundestag, die SPD mache die Untersuchung zur "Klamauk-Veranstaltung". Schneiderhan habe die Verantwortung für fehlende Informationen selbst in einem Schreiben an ihn übernommen. Nun will die Opposition im Untersuchungsausschuss eine Gegenüberstellung der beiden Kontrahenten herbeiführen.

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