Kurt Beck will die SPD in der linken Mitte halten

Nach der verlorenen Bundestagswahl äußert sich Ministerpräsident Kurt Beck im TV-Interview unter anderem zu den Folgen für Rheinland-Pfalz.

Mainz. Mit dem Ministerpräsidenten sprach unsere Korrespondentin Claudia Renner.

Der Landesparteirat hat getagt. Wie ist die Stimmung in der rheinland-pfälzischen SPD nach der verlorenen Bundestagswahl?

Beck: Ernst, auch kritisch und selbstkritisch. Es wurden Fragen gestellt wie: Hätte man nicht früher merken müssen, dass die Menschen unsere Politik in einigen Punkten nicht mehr als gerecht empfinden? Dazu gehört die Rente mit 67 und die Zahldauer von Arbeitslosengeld I. Es war sehr konkret, aber es hatte einen Tenor: Natürlich sind wir Volkspartei und keine Klientelpartei.

Ist nicht schon die Frage, ob die SPD noch Volkspartei sei, ein Alarmsignal?

Beck: Die Frage wird ja von außen gestellt, und wenn man nur 23 Prozent erreicht hat, muss man sich vergewissern, dass es so ist. Ich war für diese selbstkritische und offene Diskussion sehr dankbar.

Wie sehen Sie die Rolle einer Generalsekretärin Andrea Nahles?

Beck: Ich bin mir sicher, dass sie sich über die Aufgabe klar ist, nicht mehr wie bisher für ein bestimmtes Parteispektrum oder einen Flügel zu reden, sondern die gesamte Breite einer Volkspartei zu repräsentieren. Das reicht von dem Unternehmer, der jetzt bewusst in die SPD eintritt, weil er um die soziale Balance in Deutschland fürchtet, bis hin zu Leuten, die eher eine sogenannte linke Position haben.

Was erwarten Sie von Schwarz-Gelb?

Beck: Das wird ein mühsames Stochern, wenn ich sehe, wie man jetzt schon miteinander umgeht. Es zeigt sich jetzt, wie wohlfeil und doch realitätsfremd ein Löwenanteil der Forderungen gewesen ist. Ich erwarte, dass man zunächst bis zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen Kreide fressen wird. Ein paar Zeichen wird es geben, darunter die Erhöhung der Steuerfreibeträge, was für Leute meiner Einkommensklasse eine ungleich höhere Entlastung bedeutet als für die unteren. Nach der NRW-Wahl wird die Rechnung präsentiert. Das wird für viele Menschen ein bitteres Erwachen werden.

Aber warum hat dann das SPD-Motto "Schwarz-Gelb verhindern" im Wahlkampf nicht gezogen?

Beck: Ich glaube, weil wir keine eigene Macht-Option hatten. Die im Raum stehende Alternative einer Ampelkoalition war durch die Festlegung der FDP blockiert, auf der anderen Seite stand die Abgrenzung der SPD zur Linken - die notwendig war. Die Alternative für die Wähler wäre gewesen: Dann eben weiter Große Koalition. Die aber war im Verriss in der Mehrzahl der Meinungen, das habe ich auch im Wahlkampf so erlebt.

Trotzdem: Machtoptionen werden sich mit der Linken abspielen. Ist mental das Tabu gefallen, mit der Linken zu koalieren?

Beck: Das ist eine rein inhaltliche Frage, die nicht von der SPD abhängt. Solange die Linke sofort aus Afghanistan rauswollte, den EU-Vertrag nicht unterschreiben und aus der Nato aussteigen wollte, konnte man nicht mal verhandeln. Jetzt lese ich, dass die Linke zu Afghanistan sagt: Naja, so haben wir es auch nicht gemeint.

Wie sehen Sie ihre Aufgabe für die Gesamt-SPD?

Beck: Ich werde ganz rational meinen Beitrag leisten. In den letzten Tagen und Wochen war mein Rat viel gefragt, und ich betrachte es auch als meine Pflicht - im Sinne eines Akteurs auf der Berliner Bühne als Ministerpräsident.

Wie wirkt sich die Bundestagswahl auf die Landes-SPD aus - mit Blick auf die Landtagswahl 2011?

Beck: Das Ergebnis ist natürlich bei uns durchgeschlagen. In Rheinland-Pfalz lagen wir zwar über dem Bundesergebnisse, aber auf einem Niveau, das alles andere als akzeptabel ist. Aber ich sage noch einmal: In einem Jahr werden die Karten ganz anders gemischt sein als heute.

Hat die SPD dann die Affäre um den Nürburgring ausgestanden?

Beck: Wir werden sie aufarbeiten. Damit haben wir intensiv begonnen, und wir werden ein Konzept vorlegen, das dieses wichtige Investment (in einen ganzjährigen Freizeitpark am Nürburgring, Anmerkung der Redaktion) in die richtigen Bahnen bringt.

Wann kommt das Konzept?

Beck: Es wird derzeit erarbeitet. Wir haben jetzt in 17 Regierungsjahren an einer Stelle einen gravierenden Fehler gemacht. Für den ist Verantwortung übernommen worden. Aber was die Rahmenbedingungen angeht, steht Rheinland-Pfalz glänzend da, und damit können wir uns 2011 sehen lassen.

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