Lahme Ente Laurenz

Berlin . Sein erstes Interview nach der "Begnadigung" durch die CDU-Vorsitzende Angela Merkel gab Laurenz Meyer am Montagabend dem ZDF. Schnell wurde deutlich: Das war nicht der selbstsichere General, wie man ihn aus der Zeit vor seiner Affäre um Zahlungen und Abfindung des Energieriesen RWE kennt.

Kurzatmig und nervös kam Meyer daher, er wirkte wie zurückkatapultiert in die verwirrte Phase seines Amtsantritts vor vier Jahren, als er Merkel mit hibbeliger Stimme bescheinigte, sie könne sich keinen erneuten "Missgriff" im Amt des Generalsekretärs leisten. Ein klassischer Fehlstart. Die neue/alte Meyer'sche Konfusion und Unruhe ist nun ein Zeichen dafür, dass er selber weiß: Trotz der Absolution durch seine Chefin ist er noch lange nicht über den Berg. Denn die Gegner der Merkel-Entscheidung formieren sich. Vor allem in Nordrhein-Westfalen, wo am 22. Mai die wohl wichtigste Landtagswahl des Jahres 2005 stattfindet. Und die zentrale Frage, die sich die Unionisten an Rhein und Ruhr nun stellen, lautet: Ist der Verbleib Meyers im Amt des CDU-Generalsekretärs eine Belastung für die Wahlkämpfer? Ein Frage, die auch die Christdemokraten in Schleswig-Holstein beschäftigt. Dort wird schon im Februar gewählt. "Es gibt große Unruhe an der Basis", sagt der NRW-Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers unverblümt; andere Parteiobere sprechen sogar davon, dass der "Volkszorn kocht". Der Trend für die Union zeigt im bevölkerungsreichsten Bundesland nämlich nach unten - und für die regierende SPD wieder nach oben: "Das Pendel kommt langsam zurück", macht der amtierende Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) schon länger intern seinen Genossen Mut. In der Düsseldorfer Staatskanzlei reibt man sich deshalb die Hände, dass der "Mann ohne Standfestigkeit" nun auch noch die Affären-Quittung der Wähler fürchten muss. Denn Rüttgers muss jetzt erklären, warum ausgerechnet aus seinem Landesverband diejenigen kommen, die die Hand aufhalten: Erst kassierte der ehemalige Vorsitzende des CDU-Arbeitnehmerflügels, Arentz (stammt aus dem Rheinland), 60 000 Euro fürs Nichtstun. Nun die Vorgänge um Laurenz Meyer (kommt aus dem westfälischen Hamm). Kein leichtes Unterfangen für Rüttgers, der den Generalsekretär am liebsten los werden würde, damit sein Wahlkampf nicht weiter gefährdet wird. Insofern klingt es wie eine Drohung, wenn Meyer ankündigt, er wolle sich jetzt mit voller Kraft dafür einsetzen, "dass endlich nach 40 Jahren der Wechsel kommt". Das werde Rüttgers "sicher zu schätzen wissen". Wahr ist das Gegenteil: Man umgibt sich nicht mit krisengeschüttelten Verlierern, die nur Munition für die Gegenseite darstellen. Zumindest so lange nicht, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Meyers Gastspiele im NRW-Wahlkampf dürften daher spärlich ausfallen, weil nicht mehr gewünscht. Erschwerend kommt für den agilen Parteimanager hinzu, dass die Unionsgranden weiter unter Strom stehen, wenn sie an ihn denken: "Wäre er bei mir angestellt, hätte er ein Problem", so Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer - er hätte Meyer also anders als Merkel gefeuert. Mehrere Mitglieder der CDU-Führungsgremien haben überdies in den letzten Tagen eindeutig erklärt, der 56-Jährige sei nicht mehr zu halten. Deshalb liegt auf der Hand, wie der General nach seiner "Begnadigung" nun innerparteilich gesehen wird: als "lame duck", als eine lahme Ente ohne Zukunft.

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