Land setzt auf professionelles Management

Mit professionellen neuen Strukturen will die Landesregierung das umstrittene Projekt "Nürburgring 2009" auf Erfolgskurs bringen. Das Land will sich nur noch auf die Strukturförderung konzentrieren.

Mainz. "Wir wollen in Kenntnis der Schwierigkeiten in die Zukunft blicken", eröffnet Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) am Mittwoch die Pressekonferenz, bei der das neue Zukunftskonzept für die Eifel-Rennstrecke vorgestellt wird. Er sagt dies wohl bewusst, denn das Prestigeprojekt der Landesregierung in der Eifel hat elf Monate lang durch explosionsartig gestiegene Baukosten, gravierende Baumängel und eine missglückte Privatfinanzierung für reichlich Negativ-Schlagzeilen gesorgt. "Ich bedauere den politischen Schaden", fügt Beck hinzu.

Er verhehlt aber auch nicht seinen Ärger über die Vorwürfe gegen die Landesregierung, sie habe sich bei der im Juli geplatzten Privatfinanzierung auf Geschäfte mit Kriminellen eingelassen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ehemalige Geschäftspartner wegen Betrugsverdachts. "Die Vorwürfe sind wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen", sagt Beck.

Der Regierungschef bekräftigt seinen Willen, die "hohe strukturpolitische Bedeutung des Nürburgrings" weiter nach Kräften zu fördern. "Die Geschäfte werden grundlegend neu geordnet", betont Beck. Dabei hat das Land auch die Formel 1 im Blick, die weiter von der öffentlichen Hand ausgerichtet werden soll. "Wir wollen die Formel 1, aber nicht um jeden Preis", hebt Wirtschaftsminister Hendrik Hering hervor. Es werde "intensive Verhandlungen" mit den Verantwortlichen der Rennserie geben.

Sowohl Beck als auch Hering sind überzeugt, die Weichen am Nürburgring, "einen der entscheidenden Wirtschaftsmotoren für die Region", nun richtig gestellt zu haben. Das Land fungiert nur noch als Träger der Besitzgesellschaft für die Grundstücke und Immobilien. Die weitgehend landeseigene Nürburgring GmbH, zuvor für die eine Hälfte des Gesamtprojekts verantwortlich (die andere Hälfte privat), scheidet aus dem operativen Geschäft aus. Den Betrieb aller Anlagen übernehmen zu gleichen Teilen die mittelständische Lindner-Hotelgruppe, die bislang schon das neue Vier-Sterne-Hotel am Ring betrieb, und die private Mediinvest GmbH. Die Vorteile, die man sich verspricht: Klare Trennung zwischen Besitz und Betrieb, Professionalisierung des Managements, koordinierter Marktauftritt, mögliche Umsatz- und Kostensynergien.

Die seit langem umstrittene Finanzierung wird nun endgültig geregelt. Bislang wurden die Rechnungen der Nürburgring GmbH übergangsweise aus dem Liquiditätspool des Landes bezahlt. Nun stellt die Investitions- und Strukturbank (ISB) Darlehen in Höhe von 200 Millionen Euro zu günstigen Konditionen zur Verfügung. Die Möglichkeit, ISB-Darlehen zu nutzen, gilt auch für die private Seite. So kann die Mediinvest GmbH des Düsseldorfer Projektentwicklers Kai Richter ihre Investitionen von rund 115 Millionen Euro ebenfalls über die ISB finanzieren.

Die Landesregierung verweist auf die positiven Effekte, die der Nürburgring-Ausbau nach sich ziehe. Laut einer Studie des Bonner Instituts Empirica entstünden 2011 bis zu 1157 weitere Arbeitsplätze, eine zusätzliche Brutto-Wertschöpfung von bis zu 53 Millionen Euro und ein zusätzliches Steueraufkommen von bis zu 22 Millionen Euro. Ministerpräsident Beck und Minister Hering unterstreichen ferner, dass sich die Tourismuszahlen am Nürburgring, insbesondere die Gäste- und Übernachtungszahlen in der Verbandsgemeinde Adenau, im Vergleich zum Vorjahr deutlich erhöht hätten. Kleinere Betriebe hätten besonders profitiert.

Die Opposition bewertet das neue Konzept skeptisch. "Bei einem Scheitern des Projekts bleibt das Risiko weiterhin beim Steuerzahler", kommentieren Herbert Mertin und Günter Eymael (beide FDP). CDU-Chef Christian Baldauf kritisiert: "Mit dem neuen Betriebsmodell bleibt es bei der fast vollständigen Finanzierung der Anlagen ohne privates Kapital."

Meinung

Eine Chance verdient

Aller Anfang ist schwer, sagt der Volksmund. Das trifft in besonderem Maße für das Projekt "Nürburgring 2009" zu. Bei diesem gewaltigen Investment von mehr als 300 Millionen Euro sind viele Fehler gemacht worden. Wenn nur fünf Monate nach der Eröffnung des Erlebniszentrums in der Eifel ein grundlegend neues Konzept notwendig wird, spricht das Bände. Der größte Kritikpunkt an dem Projekt wird auch durch die neuen Pläne nicht ausgeräumt: Nach wie vor fehlt privates Kapital, damit trägt der Staat das Risiko, wenn die optimistischen Prognosen für Besucherzahlen und Einnahmen nicht eintreffen. Gleichwohl haben die Verantwortlichen eine Chance verdient, das Projekt doch noch zum Erfolg zu führen. Die ersten Schritte mit der überfälligen Trennung vom gescheiterten Nürburgring-Hauptgeschäftsführer Walter Kafitz und der Schaffung professioneller Strukturen klingen vielversprechend. Der strukturschwachen Eifel wären Touristenströme und höhere Umsätze für die Gastronomiebetriebe zu wünschen. Auf der anderen Seite muss im Untersuchungsausschuss akribisch aufgearbeitet werden, was alles schief gelaufen ist und wer verantwortlich ist. f.giarra@volksfreund.de


Extra


Die CDU-Fraktion hat sich am Mittwoch hinter das Vorgehen ihres Vorsitzenden Christian Baldauf im Zusammenhang mit der unberechtigten Abfrage von Polizei-Daten über Nürburgring-Geschäftspartner gestellt. Es gab keine Gegenstimmen bei drei Enthaltungen. Baldauf hatte sich vom Vorgehen bei der Beschaffung der Daten distanziert. Der CDU-Abgeordnete Peter Dincher wird aufgrund dessen laut Parlamentarischem Geschäftsführer Hans-Josef Bracht zum Ende des Monats sein Mandat niederlegen. Im Untersuchungsausschuss zur Nürburgring-Affäre rückt der Konzer Bernd Henter für den ausgeschiedenen Michael Billen nach. Die Fraktion betont, es handele sich bei den Datenabfragen um Einzelfälle. Mit Billen soll gesprochen werden, wenn er wieder gesund ist.(fcg)

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