Landtagspräsident will schlichten

Eine "Elefantenrunde" mit den Chefs der drei Landtagsfraktionen soll den ausufernden Streit zwischen SPD und CDU um die Schürholt-Affäre bei der Landauer Oberbürgermeisterwahl und Täuschungs-Vorwürfe gegen CDU-Vormann Christian Baldauf beenden. "Wir müssen zurück zum politischen Menschenverstand", fordert Landtagspräsident Joachim Mertes (SPD).

Mainz. Zum informellen Gespräch mit den Fraktionschefs hat Parlamentspräsident Mertes für Dienstag geladen. Dort muss nach seiner Überzeugung ein Ausweg aus dem sich zuspitzenden Streit zwischen SPD und CDU mit gegenseitigen Vorwürfen von Täuschung und Lügen gefunden werden. Die Nachwehen zur Kandidatur des offensichtlichen Hochstaplers Kai Schürholt als CDU-Bewerber in Landau belastet nämlich zunehmend das politische Klima in Mainz. Im Raum stehen SPD-Vorwürfe an Baldauf, das Parlament über seiner Vermittlerrolle bei der Kandidatenfindung der Landauer CDU getäuscht zu haben. Baldauf hatte erst nach einer Landtagsdebatte davon gesprochen, dass er einen indirekten Kontakt zu Schürholt vermittelt hat. Täuschungsvorwürfe an seine Adresse weist die Union als Diffamierung entschieden zurück und zeiht die Gegenseite der Lüge.Nach dem Eklat um eine von der CDU boykottierte Ältestenratssitzung hat die SPD nun die Einsetzung einer Kommission des Landtagsgremiums beantragt, um dort die "Täuschung des Parlaments durch den Abgeordneten Christian Baldauf" zu untersuchen. Die CDU spricht von einem skandalösen Verhalten der Mehrheits-Fraktion, die einzig Baldauf persönlich schädigen wolle.Massive Kritik am Vorstoß der SPD kommt allerdings auch von den Liberalen, die ein "absurdes Theater" konstatieren. FDP-Chef Herbert Mertin sieht die freie Rede und damit einen Kernbereich der Demokratie gefährdet, wenn Debattenbeiträge vor einer Kommission landen. Die Landesverfassung sichert zu, dass kein Abgeordneter für seine Äußerungen im Parlament außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden kann. Es könne grundsätzlich nicht sein, dass sich Volksvertreter für Auseinandersetzungen im Parlament später einer Kommission stellen müssten, betont der frühere Justizminister und fordert die Sozialdemokraten auf, ihren Antrag zurückzuziehen. Er ist aus seiner Sicht nicht nur rechtlich unzulässig, sondern auch politisch unklug, weil er Abgeordnetenrechte untergräbt. Die Gefechte der beiden Großen förderten letztlich nur die Politkverdrossenheit der Bürger, ist sich Mertin sicher. Nun will Mertes im Gespräch mit den Fraktionschefs ausräumen, was sich an Täuschungs- und Lügenvorwürfen in der Gefechtslage alles aufgetürmt hat. Am Ende müsste dabei wohl der SPD-Antrag vom Tisch sein, um zum Erfolg zu kommen. Meinung Krawall-Meister Absurdes Theater ist noch eine milde Bezeichnung für das, was sich derzeit an politischen Raufereien zwischen SPD und CDU um den Mainzer Landtag herum abspielt. Beide Seiten geben das Bild streitsüchtiger Halbwüchsiger statt politischer Akteure ab. Das Ansehen der Politik leidet. So spielt man nur den Falschen in die Hände. Mit ihrem Versuch, Baldaufs Aussagen im Landtag um die eigene Verantwortung in der Landauer Schürholt-Affäre - mit Attacken befeuert - im Ältestenrat oder in Kommissionen zu untersuchen, haben die Genossen Parteitaktik betrieben und sich in eine Sackgasse manövriert. Der CDU-Chef hat in dieser Affäre sicher keine gute Figur abgegeben und zu schnell alle Verantwortung abgelehnt. Doch die politische Auseinandersetzung dazu muss im Landtag geführt werden, nicht in Gremien. Die übereifrige SPD-Attacke ist eine Retourkutsche für viele Nadelstiche, die der Mehrheitsfraktion über Monaten von der CDU beigebracht wurden, wenn es um Postenbesetzungen in der Justiz, die Berufung des FCK-Managers Gerhard Herzog zum Ruanda-Beauftragten oder die Bestellung von Ex-Fußballprofi Harry Koch zum Fitnesstrainer in Landesdiensten ging. Beide Seiten laufen Gefahr, die Politik zum reinen Krawall werden zu lassen. j.winkler@volksfreund.de

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