Letztlich nur ein kleiner Fisch

TRIER. Der Schlusspunkt kam überraschend schnell: Die letzte Etappe bei der juristischen Bewältigung des spektakulären Trierer Gefängnis-Ausbruchs im Dezember 2000 dauerte nicht einmal eineinhalb Stunden - inklusive Beweisaufnahme, Plädoyers und Urteilsverkündung.

Der Angeklagte machte trotz Vorführung in Fußfesseln und Handschellen einen aufgeräumten Eindruck. Kaugummi kauend und freundlich lächelnd beantwortete er Fragen zur Person, gab aber keine Detail-Erklärungen zur Sache ab.Das war auch nicht nötig, denn die Vorsitzende Richterin Gabriele Neuberg-Krey verkündete gleich zu Beginn, was Vorgespräche zwischen den Prozessbeteiligten ergeben hatten: Cimberti bekennt sich im Sinn der Anklage schuldig. Im Gegenzug akzeptiert die Kammer, dass der 26-Jährige nur als Handlanger seines Mittäters Muhamed Agovic eingestuft wird und sichert von vornherein zu, dass die Freiheitsstrafe wegen "Gefangenenmeuterei" und dem damit verbundenen Verstoß gegen das Waffengesetz maximal zwei Jahre beträgt.Damit war ein Problem vom Tisch, das zu einer monatelangen Verzögerung des Verfahrens geführt hatte: Die Aussage des verurteilten Mörders Agovic, der in Serbien-Montenegro eine langjährige Haftstrafe absitzt, wurde nicht mehr gebraucht. Die dortigen Behörden hatten eine Video-Vernehmung abgelehnt, Agovic war nicht bereit, gegen freies Geleit als Zeuge nach Trier zu kommen. Da wäre alternativ nur ein teurer und wenig aussichtsreicher Ausflug der Verfahrensbeteiligten nach Montenegro geblieben.So zog man es vor, Cimberti die Rolle als unbedarfter Gehilfe einfach abzunehmen. Dass der "Deal" (siehe Stichwort) den Beteiligten nicht schwer fiel, wurde in der Ablauf-Schilderung des Staatsanwalts deutlich: Danach war Cimberti eher spontan in die lang gehegten Fluchtpläne Agovics einbezogen worden. Eigentlich sollte sich seine Rolle auf das Zerschlagen der Glasbausteine in der Gebäudewand beschränken, aber nachdem er mangels Größe und Körperkraft dazu nicht imstande war, bekam er von Agovic den Auftrag, den Ausbruch mit der Waffe abzusichern.Zu diesem von Cimberti eingeräumten Tatvorwurf führte Staatsanwalt Schomer so viele mildernde Umstände ins Feld, dass sich Verteidiger Paul Greinert beim Plädoyer dem Ankläger kurzerhand anschloss und auf eigene Argumente verzichtete.Das Gericht nahm den Ball auf und blieb sogar noch unter seiner Zusage aus der Absprache: Entsprechend den Anträgen beider Seiten stockte es die Freiheitsstrafe wegen Drogenhandels aus dem ursprünglichen Prozess um ein Jahr auf. Sechseinhalb Jahre Gesamtstrafe - damit könnte der Jugoslawe unter günstigen Umständen Anfang 2005 wieder auf freiem Fuß sein. Gemessen an Agovic war er eben doch nur ein "kleiner Fisch".

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