Leuchtende Täuschungsmanöver

BITBURG. Die bei einem Verpuffungsunglück auf dem ehemaligen Bitburger Airbase-Gelände am Mittwoch schwer verletzten Männer schweben immer noch in Lebensgefahr. Am Freitag waren Experten des Landeskriminalamts vor Ort, die Staatsanwaltschaft Trier hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Auch zwei Tage nach dem Verpuffungsunglück in einem Waldstück nahe des Bitburger Flugplatzes steht die genaue Ursache noch nicht fest. "Die Untersuchungen dauern an, ein Ermittlungsverfahren ist eingeleitet", sagte der Wittlicher Kriminaloberrat Norbert Müller am Freitag unserer Zeitung. Verletzte in kritischem Zustand

Experten von Landeskriminalamt, Gewerbeaufsichtsamt und der Berufsgenossenschaft Chemie seien am Morgen vor Ort gewesen, um die Unglücksstelle zu untersuchen. Dort hatten am Mittwoch zwei 23 Jahre alte Männer bei einer Verpuffung lebensgefährliche Verbrennungen erlitten. Ihr Zustand sei nach wie vor kritisch, hieß es gestern. Das Gelände am östlichen Rand des ehemaligen US-Flugplatzes wurde von den Amerikanern früher als Munitionsdepot genutzt. Nach dem Abzug der Soldaten kaufte es ein Pyrotechnikunternehmer aus der Nähe von Trier als Lager für seine Ware. Ein Teil des mit Stacheldrahtzaun gesicherten Geländes vermietete der Eigentümer nach Informationen unserer Zeitung kürzlich an eine andere Firma namens "Ordtech Industries". Dabei handelt es sich offenbar um den Ableger eines griechischen Rüstungsunternehmens. Wie das Unternehmen ausgerechnet auf den Bitburger Flugplatz als Standort aufmerksam wurde, ist unklar. Auf Anfrage unserer Zeitung wollte sich Betriebsleiter Werner Scherer weder zu der Firma noch zu dem Unfall äußern. Nach TV-Recherchen war "Ordtech Industries" bis Ende vergangenen Jahres auch in Luxemburg ansässig. Nach nur etwas mehr als einem Jahr wurde der Sitz der Gesellschaft nach Griechenland verlegt. Die beiden Gesellschafter des luxemburgischen Ordtech-Ablegers, ein 46-jähriger promovierter Flugzeugingenieur und eine 38-jährige gebürtige Kongolesin, tauchen auch als Gesellschafter der Bitburger Ordtech-"Filiale" auf. Das Unternehmen wurde erst im Mai ins Wittlicher Handelsregister eingetragen. Laut Handelsregister-Eintrag 40 171 beschäftigt sich das Unternehmen unter anderem mit der Entwicklung und Herstellung von Schutzsystemen für Luftfahrzeuge, aerodynamischen Systemen und Komponenten sowie Vogel- und Kleintier-Vergrämungsmitteln.Stadtverwaltung weiß nichts von Ansiedlung

In Bitburg sollten nach Informationen unserer Zeitung offenbar so genannte IR Flares hergestellt werden, Leuchtkörper zur Ablenkung von Infrarotpeilung. Die wie kleinere Getränkedosen aussehenden Teile werden etwa von Militärmaschinen während des Flugs abgeworfen, um gegnerische Raketen zu täuschen. Klappt das Täuschungsmanöver, trifft die feindliche Granate nicht die Jets, sondern das an explodierende Feuerwerkskörper erinnernde "IR Flare". Das griechische Rüstungsunternehmen produziert die Leuchtkörper offenbar mit Teflon und Magnesium. Ein Experte der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD) hatte am Donnerstag vermutet, dass sich das Magnesium in der prallen Sonne selbst entzündet haben könnte und es so möglicherweise zu der Verpuffung gekommen sei. Die beiden in Bitburg eingesetzten Arbeiter erlitten dabei großflächige Verbrennungen und Vergiftungen. Sie schweben nach Auskunft der Polizei noch immer in Lebensgefahr. Die Produktion der Leuchtkörper war laut SGD noch gar nicht angelaufen. Der Betrieb sei angemeldet gewesen, ein Hinweis auf eine genehmigungsbedürftige Anlage habe der Behörde aber nicht vorgelegen, hieß es am Freitag. Ob dies möglicherweise ein Verstoß gegen Vorschriften sei, werde noch geprüft. Der Bitburger Stadtverwaltung, auf deren Gemarkung das Gelände liegt, war nach Angaben eines Sprechers nichts von einer Vermietung an "Ordtech Industries" bekannt. Für die örtlichen Sozialdemokraten ein Skandal. "Weder als Mitglied des Bitburger Stadtrats noch als Mitglied des Gefahrstoffzugs der Feuerwehr bin ich über die Ansiedlung dieser Waffenfirma informiert", kritisierte am Freitag SPD-Fraktionschef Stephan Garçon und fordert von Bitburgs Bürgermeister Joachim Streit Auskunft über die Hintergründe der Ansiedlung. Ob das griechische Rüstungsunternehmen "Ordtech Industries" nach dem durch das Verpuffungsunglück ausgelö-sten Wirbel noch an dem neuen Filial-Standort in der Eifel festhält, ist allerdings fraglich.

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