Liberale sind überzeugt: Nur Größe hat Zukunft

Die mit Abstand kühnsten Vorschläge für die anstehende Verwaltungs- und Gemeindereform haben jetzt die kommunalen Vordenker der FDP auf den Tisch gelegt: Nur mit wesentlich größeren Einheiten als heute wird die Verwaltung bis mindestens 2050 zukunftsfest, so ihr Konzept.

Mainz/Trier. (ren) Geht es nach der Vereinigung der liberalen Kommunalpolitiker (VLK), schlägt für die Verbandsgemeinden bald das letzte Stündlein. Sie werden im Zuge der Verwaltungsreform abgeschafft und die Zahl der Landkreise von 24 auf fünf bis sechs "Regionale Kreise" reduziert. Solche Großkreise wären personell und fachlich leistungsfähig genug, um die Aufgaben der Mittelinstanzen mit zu übernehmen, so der VLK-Landesvorsitzende Hans-Joachim Kreisel. Entfallen könnten dann auch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier sowie die Struktur- und Genehmigungsdirektionen in Koblenz und Neustadt. Das kurzfristige Sparpotenzial der Umstrukturierung beziffert Kreisel auf rund 30 Prozent der jährlich 800 Millionen Euro an kommunalen Verwaltungs- und Sachkosten: "Damit könnten rund 250 Millionen Euro den Schulen und Hochschulen zugeführt werden."

Nur deutlich größere Verwaltungseinheiten bringen nach Überzeugung der VLK eine zukunftsfähige schlanke Verwaltung hervor, die drei zentralen Entwicklungen Rechnung trägt: der gewachsenen Mobilität der Bürger dank Auto, Bus und Bahn; der wachsenden Vertrautheit mit Computer, Internet und dem Online-Dialog mit "ihrer" Verwaltung sowie dem Altern und Schrumpfen der Bevölkerung. Nach Berechnungen des Statistischen Landesamts geht die Zahl der Rheinland-Pfälzer von heute vier Millionen im Zuge des demografischen Wandels in 40 Jahren um ein Viertel zurück. "Die Bürgernähe muss unter größeren Strukturen nicht leiden", betont die VLK. Die Verwaltung könne ja im Dienstleistungsbus auch zu den Bürgern kommen.

Die Vorschläge im Einzelnen: Ortsgemeinden: Eine selbstständige Gemeinde sollte mindestens 200 bis 300 Wahlberechtigte haben, und zwar nach Prognosen für 2050. Mindestens 1600 Ortsgemeinden mit heute weniger als 100 Einwohnern müssten sich mit Nachbarn zusammenschließen. Weitere Fusionskandidaten liegen nahe, da schon heute die Hälfte der Ortsgemeinden weniger als 500 Einwohner hat. Auf freiwillige Zusammenschlüsse würde sich die VLK nicht allein verlassen: Wenn innerhalb einer Frist keine freiwillige Fusion geschieht, müsse "die ordnende Hand der Landesregierung eingreifen", so Kreisel.

Verbandsgemeinden: Werden die Ortsgemeinden größer und leistungsfähiger, dann werden die vor vier Jahrzehnten als "Schreibstube der Ortsgemeinden" eingeführten und mit eigenen Zuständigkeiten ausgestatteten Verbandsgemeinden überflüssig. Erst auf der Grundlage neuer Strukturen könnten die Aufgaben neu zwischen Landkreisen und Ortsgemeinden verteilt werden. Damit geht die VLK weiter als ihre Gesamtpartei. Die Landes-FDP will nur die politische Ebene mit Bürgermeister und Verbandsgemeinderat auflösen, aber eine Art Verwaltungsgemeinschaft für mehrere Ortsgemeinden beibehalten.

Landkreise: "Für die drei Millionen Einwohner im Jahr 2050 braucht man nur noch fünf bis sechs Landkreise, die dann eine Größe zwischen 450 000 und 600 000 Einwohnern haben", so Kreisel. Ein "Regionalkreis Westerwald" könnte die heutigen Kreise Westerwald, Neuwied und Altenkirchen umfassen, ein "Regionalkreis Trier" die heutigen Kreise Bernkastel-Wittlich, Bitburg-Prüm, Vulkaneifel, Trier-Saarburg und Birkenfeld. Alle kreisfreien Städte sollen "eingekreist" werden, auch die Großstädte. Mainz würde zum Regionalkreis Rheinhessen-Nahe gehören, die Stadt Trier zum Regionalkreis Trier und Koblenz zu Eifel-Hunsrück-Mittelrhein.

Die VLK hat Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) in einem ausführlichen Gespräch ihr Konzept unterbreitet. Er selbst will die Leitlinien für die 2006 angekündigte und 2013 zu beschließende Reform im Herbst vorlegen. Der Zeitpunkt sei abhängig von den laufenden Gesprächen mit allen Parteien, so ein Ministeriumssprecher.

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