Linke Tour mit rechter Propaganda

TRIER. "Unabhängige Nachrichten" - so nennt sich eine Blatt, das derzeit bei vielen Sportvereins-Funktionären ins Haus flattert. Von "unabhängig" kann allerdings keine Rede sein. Die "Unabhängigen Nachrichten" und ihre Autoren werden vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft.

Dass in der Fußball-Bundesliga mehr ausländische Kicker zu Werke gehen als einheimische, dass die deutsche Nationalmannschaft angeblich auch deshalb den Glanz alter Zeiten vermissen lässt, wird seit Monaten unter Ballsportfreunden heftig diskutiert. Auch Neonazis wollen diese Debatte nun offenbar für Propaganda-Zwecke nutzen: Den Vorsitzenden von Fußballvereinen in der Region Trier sind dieser Tage Schreiben mit einem Probe-Exemplar der "Unabhängigen Nachrichten" zugegangen. "Deutschland blutet aus - nicht nur beim Fußball", heißt es da schon auf der Titelseite. Dann wird kräftig gehetzt: gegen Sozialhilfe-Empfänger, Ausländer, Moslems, den Staat Israel und nebenbei auch gegen Abzocker in der Bundesliga. Weil Rudi Völler, Team-Chef der Fußball-Nationalmannschaft, sich für eine "Deutschen-Quote" in Bundesliga-Mannschaften ausgesprochen hat, wird diese auch gleich für Kindergärten, Schulen, Lehrstellen, ja sogar für "alle Lebensbereiche" gefordert.Einschleimen bei Sportfunktionären

"Manch einer von Ihnen opfert wirklich die halbe Lebenszeit, viel Geld und Kraft für den Sport. (…) Sich auch noch um die Politik zu kümmern, bleibt keine Zeit, außerdem versteht man sie ja eh nicht mehr." - Mit diesen Sätzen im beiliegenden Anschreiben versuchen die Autoren der "Unabhängigen Nachrichten", sich bei den Fußballfreunden lieb Kind zu machen, ehe sie zu ihrem eigentlich Anliegen zu kommen: Um mehr über Politik zu wissen, solle man doch bitte die Zeitung bestellen. Zehn Hefte für zehn Euro. Bestellformular, Überweisungsvordruck und Rückumschlag liegen bei. Hinter den um politische Bildung so besorgten Schreiberlingen steckt TV -Recherchen zufolge allerdings alles andere als ein harmloses kleines Zeitungs-Unternehmen. Die "Unabhängigen Nachrichten", deren Sitz eine Postfach-Adresse in Oberhausen ist, und der sie herausgebende Verein "Unabhängige Freundeskreise" werden vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft. Die Zeitung erscheine mit einer Auflage von monatlich rund 10 000 Stück und befasse sich "schwerpunktmäßig mit Artikeln, die die Kriegsschuld Deutschlands leugnen, die Verunglimpfung der freiheitlichendeomkratischen Grundordnung beeinhalten und die angblich fortdauernde Umerziehung der Deutschen durch die alliierten Siegermächte anprangern", heißt es im NRW-Verfassungsschutzbericht 2002. Fremdenfeindliche Aspekte nähmen einen breiten Raum in den Publikationen ein, heißt es weiter, und zu den Autoren gehörten bekannte oder ehemals aktive Neonazis. Das derzeit verschickte Pamphlet ist an "Vorstände und Mitglieder deutscher Fußballvereine" gerichtet und in mehreren Vereinen in der Region Trier aufgetaucht, jeweils an den Vorsitzenden oder den Geschäftsführer gerichtet. Wie weit verbreitet es tatsächlich ist, lässt sich schwer ermitteln. Beim Fußballverband Rheinland in Koblenz hat lediglich ein Sportler aus dem Westerwald den Eingang des Schreibens gemeldet, wie Verwaltungsdirektor Michael Türk dem TV sagt. Selbstverständlich distanziere sich der Verband von der Propaganda. Die Adressen der Vereine hätten sich die Neonazis wahrscheinlich im Internet gesucht, mutmaßt Türk. Das ließe sich kaum verhindern. Mit einer ähnlichen Masche wie bei den Fußballern haben die "Unabhängigen Nachrichten" laut dem NRW-Verfassungsschutz schon einmal versucht, Propaganda zu vertreiben: 2001 und 2002 schrieben sie Schüler- und Studentenzeitungen in ganz Deutschland an und riefen zu einem Wettbewerb mit Studien zum Thema "Israel und das Völkerrecht" auf. Die Resonanz war nach Verfassungsschutz-Erkenntnissen aber nicht gerade gut. Viele Schreiben seien ungeöffnet zurück geschickt worden. Der Rest landete vermutlich da, wo sich auch viele der nun verschickten "Unabhängigen Nachrichten" zu Recht wiederfinden dürften: im Papierkorb.

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