Mal oben, mal unten

Wahlkampfzeiten herrschen zwar irgendwie immer - aber derzeit erst recht. So verwunderte es nicht, dass die Liberalen im Mainzer Landtag den durchaus anerkannten jüngsten Ländervergleich der Bertelsmann-Stiftung auf die Tagesordnung des letzten Plenums vor der Sommerpause setzen, um sich selbst als Koalitionär und vor allem ihrem Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage auf die Schulter zu klopfen.

Rheinland-Pfalz in die Top fünf der Bundesländer vorgerückt, ein Aufsteigerland, eine Erfolgsstory, so ihre Botschaft. Von einem Shooting-Star sprach gar der liberale Minister verzückt. Und tatsächlich: Die Studie sieht eine fortgesetzte Aufwärtsbewegung, lobt die starke Entwicklung und kräftige Wirtschaftsdynamik. Die Opposition wäre keinen Pfifferling wert, fände sie kein Wasser, das es in den Wein zu gießen gilt. Von wegen Rheinland-Pfalz als Himmel auf Erden, hielt CDU-Chef Christoph Böhr dagegen. Wer jede Seite der Expertise lese, stoße auch auf genug Kritik: hoher Schuldenstand, niedrige Erwerbstätigenquote und so weiter. Das Ganze sei teilweise ein "verdammt schlechtes Zeugnis". Kritik wird jedoch nach seiner Einschätzung an der Regierungsspitze gleich als Majestätsbeleidigung angesehen. Sein SPD-Kontrahent Joachim Mertes fand zwar den "Bild"-Titel vom "Wunderland Rheinland-Pfalz" etwas übertrieben, rieb aber Böhr feixend jüngste CDU-Zitate unter die Nase, wonach das Land angeblich "leidet wie ein Hund". Runter reden wolle die Union das Aufsteigerland, schimpfte er lautstark. Und der Hund, der leide allenfalls unter der Abwesenheit seines Herrchens, blaffte der Bello-Besitzer aus dem Hunsrück der Union zurück. Die Grünen konnte er damit nicht beeindrucken. Das Land lebt mit Krediten auf Kosten der künftigen Generationen, wie ihre Fraktionsvorsitzende Ise Thomas kühl feststellte. "Kirmesgeplänkel statt ernsthafter Politik" attestierte Ministerpräsident Kurt Beck der Opposition zur Abwehr ihrer Attacken. Er will künftig noch vehementer den "Schwarzmalern und Schlechtrednern" entgegen treten und klarstellen, dass das Land voran kommt. Der beobachtende Rheinland-Pfälzer darf angesichts des "erhellenden" Schlagabtauschs in Wahlkampfzeiten nun weiter rätseln, ob es ihm eigentlich gut oder schlecht geht.

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