Mehr Straftäter hinter Gittern

WITTLICH/MAINZ. Steigende Kriminalität bringt immer mehr Menschen vor den Kadi und hinter Gitter. Die Zahl der verurteilten Straftäter ist 2003 landesweit auf einen Höchststand seit 1994 gestiegen. In den letzten 25 Jahren wurden zudem nicht mehr so viele Freiheitsstrafen verhängt.

Die übervollen Gefängnisse belegen es: Mit 40 291 Angeklagten (plus 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr) haben die rheinland-pfälzischen Gerichte 2003 so viele Straftäter verurteilt wie seit zehn Jahren nicht mehr. Die 7900 verhängten Freiheitsstrafen liegen um ein Fünftel über dem Niveau von 1993 und sind eine Rekordmarke in den letzten 25 Jahren.Weiterhin große Angst in der Bevölkerung

Zwar verweist Justizminister Herbert Mertin (FDP) auf eine längerfristig gesehen weitgehend konstante Kriminalitätsbelastung, die den Höchststand von Anfang der 80er Jahre (mehr als 46 000 Verurteilungen) nicht erreicht. Doch er räumt ein, dass die Angst in der Bevölkerung, Opfer einer Straftat zu werden, weiterhin groß ist. Nach Mertins Überzeugung sind nicht nur verschärfte Strafandrohungen, etwa bei Körperverletzungen, Ausschlag gebend für den Anstieg der Knaststrafen und die längeren Aufenthalte hinter schwedischen Gardinen. Auch die öffentliche Diskussion um angemessene Strafmaße spielten sicher eine Rolle, so der Minister. Mit dem millionenschweren Ausbau der Gefängnisse wird auf eine zunehmende Überbelegung reagiert. Rund 3870 Haftplätzen stehen derzeit 4188 Insassen gegenüber. In den nächsten Jahren sollen weitere 250 Plätze durch den Ausbau der JVA Wittlich hinzukommen. Gründe für einen Anstieg der Kriminalität werden in der gestiegenen Bevölkerungszahl (plus drei Prozent seit 1996) oder auch in den wirtschaftlich schwierigeren Zeiten vermutet. Für letzteres spricht vor allem die starke Zunahme der Vermögensdelikte. So wurden allein mehr als 5000 Menschen (plus 16,5 Prozent) wegen Betruges verurteilt. Einen auffälligen Rückgang vermeldet die Statistik mit mehr als zehn Prozent bei der Zahl der abgeurteilten Jugendlichen. Hier wurden deutlich weniger Körperverletzungen, Raub und Erpressung registriert, während der Diebstahl immer noch eine dominierende Rolle spielt. Vorstöße einzelner Länder, Heranwachsende (18 bis 21 Jahre) angesichts ihrer Volljährigkeit künftig grundsätzlich nach dem Erwachsenenstrafrecht zu verurteilen, lehnt Mertin ab. Jeder zweite Heranwachsende werde in Rheinland-Pfalz ohnehin nach dem Schuldprinzip als Erwachsener verurteilt. Nach wie vor sei es jedoch sinnvoll, die Entwicklungsreife in jedem Einzelfall zu prüfen. Noch nicht entschieden ist laut Mertin, ob die Staatsanwaltschaften weiter vor Gerichten für die nachträgliche Sicherungsverwahrung von Straftätern in Altfällen streiten. In den letzten Wochen wurden zwei entsprechende Beschlüsse vom Oberlandesgericht Koblenz aufgehoben. Zwei weitere Entscheidungen in vorläufigen Verfahren stehen an. Die Strafverfolger prüfen derzeit, ob in Hauptverfahren endgültige Klarheit geschaffen werden soll.

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