Menschliche Abgründe

Jahrelang hat eine Frau ein Martyrium mit Schlägen und Vergewaltigungen über sich ergehen lassen. Nun sind die Täter zu neun Jahren und neun Monaten beziehungsweise zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

Trier. Es sind menschliche Abgründe, die sich auftun, als Richter Armin Hardt eine Stunde lang das Urteil verkündet: Schläge, Gewalt, ein Kind, das durch eine Vergewaltigung gezeugt worden ist. Trotz der detailreichen Schilderung des Vorsitzenden der 3. Großen Strafkammer lässt sich nur erahnen, welches Martyrium die Frau jahrelang erlebt hat. Der Mann, in den sich S. vor zehn Jahren verliebt hatte, hat sich als brutaler Schläger und Vergewaltiger entpuppt. Vermutlich hat die Frau damals nach der gescheiterten Ehe Halt und Geborgenheit gesucht. Ihre fünf Kinder aus zwei verschiedenen Beziehungen sind im Heim gelandet. T. ist 1992 aus Serbien-Montenegro zusammen mit seiner aus Kroatien stammenden vier Jahre älteren Frau in die Eifel gekommen und nach Kelberg (Vulkaneifelkreis) gezogen. Dort hat er versucht, sein Geld mit einem Schrott- und Gebrauchtwagenhandel zu verdienen. S. verliebt sich in den Sinti, obwohl sie weiß, dass er verheiratet ist, ein Jahr später bekommt sie ein Kind von ihm. Angeblich soll er sich das Kind gewünscht haben, da seine Ehefrau unfruchtbar ist.

Opfer lebt mit brutalem Ehepaar in einem Haus



Er soll sie deswegen sogar mit einer Pistole bedroht haben. T. erkennt die Vaterschaft des unehelichen Kindes an. Zusammen mit seiner Frau besucht er S. und ihre Tochter, die in einem Nachbarort wohnen. T.´s Ehefrau soll der Freundin ihres Mannes sogar den Haushalt geführt haben. 40 Tage nach der Geburt hat T. dann, laut Urteil einem Sinti- und Roma-Brauch gemäß, seine Tochter zu sich in die Wohnung nach Kelberg genommen. S. ist dann ebenfalls bei ihm und seiner Frau eingezogen. Ein paar Wochen später vergeht sich T. das erste Mal an seiner Freundin, zwingt sie zum Sex, riskiert, ein Kind zu zeugen. Während der Vergewaltigung soll T.´s Frau nebenan im Schlafzimmer zusammen mit der einjährigen Tochter des Opfers gewesen sein. S. flieht aus dem Haus in Kelberg und findet Schutz im Frauenhaus. Sie erstattet Anzeige gegen T. Später zieht sie diese wieder zurück und geht, warum auch immer, wieder zu T. und dessen Frau nach Kelberg. Die Gewalt und die Drohungen gegen sie gehen weiter, auch T.´s Frau soll S. geschlagen haben. Sie geht erneut ins Frauenhaus, lässt aber ihre Tochter bei dem brutalen Ehepaar. Als sie wieder zu T. kommt, vergewaltigt er sie wieder. S. und ihre Tochter ziehen aus der Eifel weg, sie will keinen Kontakt mehr zu dem Mann, in den sie sich einst verliebt hatte, er soll nicht wissen, wo sie wohnt. Trotzdem bekommt er es heraus, zusammen mit seiner Frau besucht er S. in ihrer Wohnung in Welschbillig (Trier-Saarburg), schlägt sie und vergewaltigt sie dort. Das Gericht hält es für bewiesen, dass T.´s Ehefrau S. dabei festgehalten hat, während die kleine Tochter des Opfers nebenan im Zimmer weint. Bei dieser Vergewaltigung wird ein Kind gezeugt, ein Junge, der mittlerweile in die Schule geht. Die Staatsanwaltschaft nimmt zunächst an, dass das Ehepaar den perfiden Plan gehabt hat, S. bewusst zu schwängern, weil die Ehefrau selbst keine Kinder bekommen kann. Dafür hat es während der zwölf Verhandlungstage aber keine Beweise gegeben. Keine Zweifel hat das Gericht hingegen an der Glaubwürdigkeit des Opfers, das während des Prozesses einen Hörsturz erlitten hat und seitdem taub ist. Erst vor einem Jahr hat sich S. getraut, gegen T. auszusagen. Aus Angst, er könnte ihr wie schon ihre Tochter, die heute in einem Heim lebt, ihren Sohn wegnehmen, hat sie jahrelang geschwiegen. Erst in einem Prozess gegen T., in dem er vom Landgericht wegen Vergewaltigung einer Prostituierten zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden ist, offenbart sich die junge Frau. Das Gericht glaubt ihr und hat nun T. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hat zuvor elf Jahre wegen dreifacher Vergewaltigung gefordert. T.´s Ehefrau ist wegen Beihilfe zur Vergewaltigung zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Die Anwältin der 43-Jährigen hat angekündigt, dagegen Revision einzulegen.

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