Merkel und Steinbrück auf Helmut Schmidts Spuren

Diskussionsbedarf für die Spitzen von Union und SPD: Mitte kommender Woche soll im Kabinett über ein Programm gegen den Abschwung entschieden werden.

Berlin. Derzeit sind die Gräben noch tief. Einig ist man sich nur, das Vorhaben nicht Konjunkturprogramm zu nennen. Der Begriff hat seit den 70er Jahren einen schlechten Ruf. Dabei ist das, was seinerzeit Kanzler Helmut Schmidt (SPD) machte, sehr nahe an dem, was heute Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) planen, nämlich Investitionsanreize. Beim Zukunfts-Investitionsprogramm 1977 ließ Schmidt nicht einfach nur Geld unters Volk streuen. Das wollen auch CDU und SPD heute nicht. Ihre Sorge: Viele Menschen würden das Geld aufs Sparkonto tragen und nicht in die Kaufhäuser. Nur die CSU fordert massive Steuersenkungen.

Merkel wie Steinbrück bevorzugen Maßnahmen, die notwendige Investitionen vorziehen und direkt Arbeit auslösen. Im Prinzip ist man sich schon einig. Das gilt vor allem für die Klimasanierung von Gebäuden. Auch bei der Städtebauforderung soll eine Aufstockung der jetzt 530 Millionen Euro Bundesmittel viel bewirken. Zudem soll die Kreditanstalt für Wiederaufbau den Gemeinden wie dem Mittelstand großzügiger Geld geben. Auch die Ausgaben für Schienen und Straßen sollen erhöht werden. Die SPD will unter dem Stichwort "Beschäftigungsschirm" zudem das Kurzarbeitergeld verlängern.

Bei der Stimulierung der privaten Nachfrage gehen die Meinungen hingegen weit auseinander. Die SPD verweist darauf, dass das höhere Kindergeld bereits beschlossen ist. Lohn- und Rentenerhöhungen würden 2009 ebenfalls einen Beitrag für den Konsum leisten, ebenso die sinkenden Ölpreise. Weitere Steuersenkungen verpufften nur und rissen neue Schuldenlöcher. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) will dennoch deutliche Zeichen setzen, auch weil ein reines Investitionsprogramm bei den Bürgern keine psychologische Wirkung entfaltet. So will er die verfassungsrechtlich ohnehin notwendige vollständige Absetzbarkeit der Krankenkassenbeiträge auf 2009 vorziehen. Würde sie in die Steuertabellen eingearbeitet, könnte sie auch sofort wirken. Kosten: Rund neun Milliarden Euro. Nachfragewirksam, wenn auch nicht unbedingt nur für deutsche Produzenten, wäre auch eine Steuerbefreiung für abgasarme Autos. Hier zeigte Steinbrück gestern Bereitschaft zum Entgegenkommen, um den "Kaufstau aufzulösen". Auch die höhere Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen wird debattiert. Bei generellen Senkungen der Lohn- und Einkommensteuertarife oder höheren Freibeträgen aber bleibt Steinbrück bisher hart.

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