Miese Blüten und ein salomonisches Urteil

BERNKASTEL-KUES. Freispruch zweiter Klasse: Das Amtsgericht Bernkastel-Kues hat gestern das Falschgeld-Verfahren gegen einen 23-jährigen Hunsrücker eingestellt. Im Gegenzug muss der junge Mann eine Geldauflage zahlen, weil er bei einer Karnevalsveranstaltung in Morbach-Hundheim mit einer schlechten Blüte zahlen wollte.

Der junge Mann ist sichtlich nervös. Er zieht immer wieder an seiner Zigarette, während er am Mittwochnachmittag mit einer Handvoll Freunden vor dem Sitzungssaal auf seinen Prozess wartet. "Ich habe heute vor Aufregung noch nichts gegessen", sagt er seiner Rechtsanwältin Anne-Kathrin Justen, "nur geraucht". Kurz darauf erklingt der Gong. Auftakt zum Falschgeld-Prozess gegen den 23 Jahre alten Dreher aus einem Hunsrück-Dorf. Dass der diesjährige Karnevalssonntag vor dem Kadi enden würde, wäre dem Angeklagten und seinen Kumpels wohl kaum in den Sinn gekommen, als sie sich an jenem 6. Februar vor einen Bierstand in Morbach-Hundheim (nicht Bernkastel-Kues, wie gestern irrtümlich gemeldet) stellten, um den Umzug anzuschauen. Lustig war's und natürlich feucht-fröhlich, erinnern sich die Anwesenden. Ganz besonders lustig war eine Teilnehmer-Gruppe, die den Bestechungsskandal um Fußball-Bundesliga-Schiedsrichter Robert Hoyzer aufs Korn nahm. Ein Karnevalist war als Schiri verkleidet, sein Kumpel als Mafioso. Blies der Schiri in die Tröte, steckte ihm der Mafioso 50-Euro-Scheine zu: Blüten aus einem Farbkopierer. Dummerweise aber landeten vermutlich mehrere falsche Fuffziger nicht beim Schiri, sondern in den Taschen von Zuschauern; einer sogar in der Thekenkasse im Hundheimer Gemeindehaus, wo nach dem Umzug fröhlich weitergefeiert wurde. Ins Visier geriet später der 23-jährige Hunsrücker, weil er an der Bar mit einer Blüte bezahlen wollte, wie sich eine Bedienung im Nachhinein erinnerte. Die Frau kannte den jungen angeheiterten Mann, und weil wohl selbst Laien den schief kopierten falschen Fuffziger wegen des dicken Papiers und der blassen Farben erkannt hätten, fiel sie auf den angeblichen Jux nicht rein. "Der ist verkehrt und tschüss, hab' ich zu dem Jungen gesagt", sagt die als Zeugin geladene Frau vor Gericht. Und dass der Angeklagte doch "ein ganz, ganz Lieber ist", den der Richter bitteschön nicht so hart bestrafen möge. "Ich sag' nur Steinbruch", flachst der angesprochene Oliver Emmer zurück und muss nicht zum ersten Mal an diesem Nachmittag schmunzeln. Der ganze Prozess wäre wahrscheinlich ausgegangen wie das Hornberger Schießen, hätte der 23-Jährige an besagtem Sonntag nicht vermutlich ein zweites Mal versucht, die Blüte an den Mann zu bringen. Der Chef des örtlichen Karnevalsvereins aber war gewarnt und verweigerte die Annahme. Ob der abends bei der Abrechnung in der Kasse entdeckte falsche Fuffziger von dem jungen Mann stammte oder irgend ein anderer Gast mit der Blüte bezahlt hatte, kann im Prozess nicht geklärt werden. Wie auch? Bis auf die beiden Bedienungen waren alle Zeugen und auch der Angeklagte zur "Tatzeit" "leicht bis mittel alkoholisiert", wie sie einräumen. Blieb dem klugen Gericht nur noch der Freispruch zweiter Klasse. Das Verfahren wird eingestellt, wenn der 23-Jährige 250 Euro an den örtlichen Kindergarten überweist. Da fällt am Ende auch dem anfangs so nervösen jungen Mann ein Stein vom Herzen.

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