Mit Schlips und Kragen

Die Fraktionschefin der Grünen im sächsischen Landtag, Antje Hermenau, hat mit ihrer Forderung nach Steuersenkungen für Frauen für viel Wirbel gesorgt.

Berlin. (has) "Steuererleichterungen für Investoren macht man, aber ansonsten stellt man sich zickig an", erläutert Antje Hermenau, Mitglied im Parteirat der Grünen, unserer Zeitung ihre Pläne. Sie äußerte sich im Interview mit unserem Korrespondenten Hagen Strauß.Frau Hermenau, Steuersenkungen für Frauen, das ist doch eine Schnapsidee, oder?Hermenau: Natürlich nicht. Es ist an der Zeit, dass mit ein paar Steuerungerechtigkeiten für Frauen aufgeräumt wird, von denen man ja auch noch erwartet, dass sie Kinder großziehen. Für Männer wäre es ja kein Extra-Steuergeld, sondern sie würden ein bisschen mehr bezahlen. Viele Frauen hätten dafür aber netto mehr und könnten dann das Geld für einen Babysitter oder anderes ausgeben.Wäre es nicht noch provokativer, Steuern rauf für Männer zu fordern? Hermenau: Dann hätte der Staat doch wieder das Geld. Nein, alle sagen, es muss sich etwas ändern; alle geben zu, dass Frauen ungerecht behandelt werden. Nur keiner macht etwas. Seit Jahren toben die Kämpfe um die Abschaffung des Ehegattensplittings, oder ob genügend Kinderziehungszeiten bei der Rente anerkannt sind, oder dass Frauen gleichen Lohn wie Männer haben sollen. Und nie bekommen wir das geregelt. Mein Vorschlag macht einen klaren Schnitt. Wie sollen Frauen profitieren, die nicht arbeiten?Hermenau: Das ist ein guter Punkt. Vielleicht bemühen sich Frauen dann ja wieder mehr um Arbeit. Es gibt aber auch Frauen, die nicht arbeiten wollen.Hermenau: Das ist natürlich ein dickes Ding. Die laufen ja im Moment über das Ehegattensplitting, so lange es nicht abgeschafft wird. Wer es sich leisten kann, nicht zu arbeiten, der ist gut dran. Deswegen muss er kein Steuergeschenk kriegen, also auch nicht traurig sein. Warum nicht auch Steuererhöhungen für Menschen mit großen Wohnungen oder Steuersenkungen für Besitzer von kleinen Hunden? Die sind schließlich ungefährlicher.Hermenau: Ich muss doch sehr bitten. Es ist ja wohl ein Unterschied zwischen einem Hund, einer Wohnung und einem Kind. Der Staat lamentiert, die Frauen würden nicht genug Kinder bekommen oder aus Ostdeutschland abwandern. Das liegt daran, dass es in unserem Land so unerträglich diskriminierend ist für Frauen. Die haben dann keine Lust mehr, Mutter zu werden. Steuererleichterungen für Investoren macht man, aber ansonsten stellt man sich zickig an. Sie meinen die Männer, oder?Hermenau: Oh ja, mit Schlips und all den sonstigen Insignien. Deswegen habe ich die Idee nicht ins Parlament gebracht, sondern ich möchte, dass sie breit in der Bevölkerung diskutiert wird. Das klappt besser. Ihr Vorschlag ist aber verfassungsrechtlich zweifelhaft.Hermenau: Ja, das ist ein Problem. Es gibt einen Gleichbehandlungsgrundsatz in der Verfassung. Aber in der Realität wird dieser Grundsatz ohnehin so oft durchbrochen.

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