Mit Täterprofil auf Verbrechersuche

MAINZ. Sie werden eingeschaltet, wenn die Kollegen vor Ort bei der Tätersuche nicht so recht weiterkommen: Wird in US-Krimis der "Profiler" (sprich: "Profeiler") in der Polizeiarbeit meist spektakulär als Psycho-Fahnder in Szene gesetzt, geben sich in Deutschland die wirklichen Kripo-Beamten als "Fallanalytiker" betont sachlich.

Ein paar Stunden über die besonderen Merkmale und mögliche Auffälligkeiten eines Verbrechens brüten, und schon fügt sich ein entlarvendes Bild über den Täter zusammen. Viele solcher "absolut falschen Vorstellungen" über die Arbeit von "Profilern" geistern nach Angaben von Hauptkommissar Hubert Bender durch die Welt. Und so sehen sich Bender und seine Mitarbeiter von der "Operativen Fall-Analyse" (OFA) des Landeskriminalamtes in Mainz denn auch mehr als eine Service-Dienststelle für die Kollegen. Während in den USA ein Profiler den Fall nach Täter-Hinweisen auswertet, wird in Deutschland im Team mit unterschiedlichen Ansätzen die Analyse angepackt. Die Amerikaner verkaufen sich besser, räumt Bender ein. Auch wenn in den USA nach seinen Angaben die Einsicht wächst, dass der europäische Weg durchaus bessere Chancen eröffnet. Seit rund drei Jahren ist das drei Männer und eine Frau starke OFA-Team im Zweifelsfall gefragt, wenn es in schwierigen Tötungs- und Sexualdelikten gilt, nach neuen Ermittlungsansätzen zu suchen oder über ein Täterprofil dem Verbrecher auf die Spur zu kommen. Je nach Bedarf ziehen die Kripobeamten Polizeipsychologen, Rechtsmediziner oder andere Wissenschaftler bei der Analyse hinzu. In 13 Fällen wurde die LKA-Truppe bisher eingeschaltet. Dreimal sind dabei die Ermittlungen spürbar vorangebracht worden. In einem Fall habe die Analyse mit dem später ermittelten Täter ziemlich genau überein gestimmt, sagt Bender. Herzstück der Arbeit ist die Rekonstruktion des Verbrechens anhand objektiver Kriterien. Typisches Täterverhalten soll erkannt, Hinweise auf Charakter, Umfeld oder Gewohnheiten aufgespürt werden. Dabei können kleinste Anzeichen für Mobilität, Büro- oder körperliche Arbeit, mögliches Stressverhalten oder psychische Eigenheiten zu wichtigen Mosaiksteinen für ein Täterbild werden. Die Fallanalytiker sehen den Tatort nicht im Originalzustand, sondern schaffen sich für ihre Bewertung eine Art Laborsituation. Subjektive Angaben aus den Ermittlungen blieben weitgehend außen vor, so Kommissar Martin Lukas. Vor allem bei lange zurückliegenden Fällen wird die Arbeit zeitraubend. Arbeit mit bundesweiter Datenbank

Seit Sommer analysieren die OFA-Mitarbeiter den Mordfall Simone D. Die Leiche der 30-jährigen Kölnerin, die zumindest zeitweise als Prostituierte arbeitete, war am Neujahrstag dieses Jahres auf einem Parkplatz an der Landesstraße 141 zwischen Schweich und Hetzerath bei Trier gefunden worden. Die Zuversicht der Trierer Kripo, den Täter aufzuspüren, basiert vor allem auf dem sichergestellten genetischen Fingerabdruck. Doch die Rekonstruktion des Falles ist mühsam: Was wo passierte, muss nachvollzogen, Lebensschwerpunkte müssen ermittelt und nach Hinweisen auf die Persönlichkeit des Täters gesucht werden. "Wir sind an dem Fall dran", sagt Lukas, ohne jedoch Details zu nennen. Wichtige Hilfe bei der Arbeit ist den LKA-"Profilern" auch die bundesweite Datenbank Viclas (Violent Crime Linkage Analysis System). Die Datenbank speichert Taten und Täter vor allem von Tötungsdelikten und Sexualstraftaten. Durch Abgleiche können Wiederholungstäter erkannt und mögliche Zusammenhänge zwischen Straftaten festgestellt werden. Da immer mehr Täter mit DNA-Analyse registriert werden und die Spurenerkennung immer ausgefeilter wird, hat die dunkle Vergangenheit bereits manchen Straftäter spät eingeholt.

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