Mut und Optimismus: Jutta Paulus ist neue Co-Vorsitzende der rheinland-pfälzischen Grünen (Video)

Lahnstein · Beim Grünen-Landesparteitag spielen Wahlschlappen kaum ein Rolle. Jutta Paulus ist neue Co-Vorsitzende.

Nach vorne schauen. Nicht zurückblicken. Das ist die Devise der rheinland-pfälzischen Grünen. Die Wahlschlappe vor einem Jahr im Land? Abhaken. Die Niederlagen im Saarland und in Nordrhein-Westfalen? Am besten schnell vergessen. Beim Parteitag in Lahnstein steht der Blick auf die Bundestagswahl im Mittelpunkt. Und trotz des derzeitigen Gegenwinds, der den Grünen derzeit entgegenwirkt, verbreiten die führenden Parteimitglieder vor den 209 Delegierten Optimismus. Ganz nach dem Wahlmotto der Bundesgrünen in Anlehnung an einen Songtext der deutschen Popsängerin Nena: "Zukunft wird aus Mut gemacht."

Mut machen statt Selbstkritik und Konsequenzen aus den Wahlniederlagen. "Wie jeder gute Segler weiß: Gegenwind ist manchmal auch gut, um Fahrt aufzunehmen", sagt Parteichef Josef Winkler. Mit keinem Wort geht er in seiner 20-minütigen Rede auf die vorangegangenen Wahlen ein. Im Ampelbündnis in Rheinland-Pfalz machten die Grünen den Unterschied aus. Als Ziel für die Bundestagswahl gibt Winkler aus, die Zahl der derzeit drei Bundestagsabgeordneten auf vier zu erhöhen. Die Grünen im Land sind mit Tabea Rößner, Tobias Lindner und Corinna Rüffer aus Trier vertreten. Bei vier rheinland-pfälzischen Abgeordneten würde der ehemalige Landtagsabgeordnete Dietmar Johnen aus Großkampenberg (Vulkaneifel) in den Bundestag einziehen.

Auch Rüffer zeigt sich optimistisch, dass die Grünen trotz derzeit gegenteiliger Umfragewerte im September drittstärkste Kraft werden. Dass die Partei und ihre Ziele in der Öffentlichkeit eher kritisch gesehen werden, dafür macht sie die Medien mitverantwortlich. Einige Journalisten schrieben die Grünen bewusst runter, kritisiert die Trie rerin. Rößner sieht in der Kritik einen Ansporn: "Wenn uns der Wind entgegenschlägt, dann sind wir richtig gut", sagt sie und ruft die Delegierten zu einem engagierten Wahlkampf auf, "der den Leuten die Toupets von den Köpfen pustet". Und Lindner zitiert passend zum Luther-Jahr den Theologen, um der grünen Basis Mut zu machen: "Aus einem traurigen Arsch fährt nie ein fröhlicher Furz."

Auch er gibt als Ziel aus, bei der Bundestagswahl drittstärkste Kraft zu werden. Es könne nicht sein, dass die FDP, "die frei von Inhalten ist", besser als die Grünen abschneide.
In der Stadthalle in Lahnstein wird deutlich, dass die Partei ab September im Bund wieder mitregieren will. Mit wem, das lassen die führenden Parteiköpfe doch mehr oder weniger offen. Fraktionsvorsitzender Bernhard Braun sagt, es sei völlig egal, "mit wem wir regieren", wichtig sei, dass die Grünen ihre Ziele umsetzen könnten. Die später mit 91 Prozent (143 von 158 Stimmen) zur neuen Co-Vorsitzenden neben Winkler gewählte Jutta Paulus präzisiert, dass man auf jeden Fall ein Bündnis mit der AfD ausschließe.

An der Basis scheint dieses Nichtfestlegen auf eine Koalition nicht unbedingt gutzuankommen. Der Trierer Wolf Buchmann macht das deutlich. Es dürfe nicht nur Ziel sein, die große Koalition abzulösen, sondern auch die Kanzlerin Angela Merkel und Innenminister Thomas de Maizière. Die Wahl müsse ein Richtungswechsel sein. Er spricht sich damit klar gegen ein schwarz-grünes Bündnis aus. Der ehemalige Landtagsabgeordnete Michael Henke aus Bad Kreuznach fordert Konsequenzen aus der Wahlschlappe in Nordrhein-Westfalen. "Es muss sich etwas ändern. Wir müssen wieder radikaler werden", sagt der 73-Jährige.

Auch Paulus hat erkannt, dass die Grünen ihr Profil stärken müssen. "Wir müssen wieder stärker wahrgenommen werden", sagt die 50-jährige Klimaschutzaktivistin und studierte Pharmazeutin nach ihrer Wahl im Gespräch mit unserer Zeitung. Sie will die Basis stärker einbinden, mit allen Kreisverbänden sprechen, um die Themen vor Ort zu erfahren.

Paulus ist Nachfolgerin von Katharina Binz, die nach vier Jahren als Parteichefin im April in den Landtag als Nachfolgerin der Ex-Ministerin Eveline Lemke gerückt ist. Lemke ist Hochschulrektorin in Karlsruhe. Weil die grünen Parteistatuten verbieten, dass Abgeordnete führende Parteipositionen einnehmen, musste ein neues weibliches Mitglied der Doppelspitze gewählt werden.
Extra: STECK WECHSELT NACH MAINZ


Nach 25 Jahren Parteiarbeit, auch als Landeschefin, wechselt Schatzmeisterin Britta Steck aus Gornhausen (Bernkastel-Wittlich) als Finanzreferentin in die Geschäftsstelle der Partei. Neue Landesschatzmeisterin ist Birgit Meyreis aus Ochtendung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort