Nicht nur der Rat steht auf dem Spiel

MAINZ. Die großen Parteien bangen, die kleinen hoffen: Der Kampf um Mehrheiten in den Rathäusern hat keine direkten Folgen für die Landespolitik, doch setzten die Ergebnisse der Kommunalwahlen Signale: Es geht um die SPD-Machtbasis und den CDU-Spitzenmann.

Eher lau kommt der Wahlkampf im Land bisher daher, doch vor allem die Parteispitzen von SPD und CDU lässt das Ringen um Macht und Mandate alles andere als kalt. Die Genossen könnten nach ihren Einbrüchen bei den letzten Urnengängen in den Kommunen noch einmal abgestraft werden und damit ein weiteres Stück Basis in den Gemeinden verlieren. Bei der CDU werden dagegen einige ganz genau hinsehen, wo nach dem Wahl-Wochenende die Partei und ihr durchaus umstrittener Frontmann Christoph Böhr platziert sind. Die Kandidatendiskussion für die Landtagswahl 2006 steht erneut ins Haus. Gemeinsam haben SPD-Chef Kurt Beck und Christoph Böhr zumindest eines: Beide wären froh, das Ergebnis von 1999 halten zu können. Beck auf niedrigem, Böhr auf hohem Niveau. Vor fünf Jahren gab es neun Monate nach der rot-grünen Regierungsübernahme im Bund eine deutliche Abstrafung für die SPD. Die Wahlbeteiligung sackte um zwölf Prozent ab, und die CDU legte um fast sieben auf 46 Prozent zu. Satte zehn Prozent lag die SPD hinten. Nicht nur Ratsmehrheiten, sondern in der Folge auch viele Direktwahlen gingen für die Genossen verloren. In der Pfalz und im einst roten Nahetal wurden Hochburgen geschleift. Ähnlich bang ist den Sozialdemokraten, wenn sie diesmal auf Stimmung und Umfragen sehen. Erneut müssen sie fürchten, dass ihre Anhänger zu Hause bleiben und andere Wähler die Chance nutzen, Denkzettel für die ungeliebte Berliner Reformpolitik zu verteilen. Der Bundestrend hängt wie Blei an der SPD im Land, ergeben die Umfragen. Sie sehen die CDU mit 45 rund zehn Prozent vor der SPD. "Die äußeren Vorzeichen sind nicht gut", räumt Beck ein und streitet wacker für Schröders Politik und dagegen, die Gemeinderatswahl zum Bundestagsvotum zu machen. Gehen der SPD die Ratsmehrheiten weiter reihenweise verloren, könnte sich der Abwärtstrend verstärken und die Aussichten für 2006 merklich trüben, selbst wenn die hohe Popularität des Ministerpräsidenten einiges ausgleichen kann. Christoph Böhr muss vor allem den klaren Sieg von 1999 verteidigen. Doch trotz der guten Ausgangsposition ist man in der CDU keineswegs beruhigt. In Kaiserslautern könnte das umstrittene und von CDU-Oberbürgermeister Deubig vorangetrieben Prestigeprojekt Pfalzarena die Ratsmehrheit kosten, in Koblenz könnte parteiinternes Gerangel für Stimmverluste sorgen. Zudem fühlen sich allerorten die Freien Wähler angesichts weit verbreiteter Parteienverdrossenheit auf dem Vormarsch. Ihre Anhänger kommen großenteils aus CDU-Klientel. Erneut 46 Prozent vorzulegen wäre für Böhr "ein traumhaftes Ergebnis". Zumindest die zehn Prozent Vorsprung vor der SPD müssten gehalten werden, heißt es intern. Schafft Böhr diese Vorgabe nicht, werden sich seine Kritiker ermutigt fühlen, den Parteichef als Spitzenkandidat für 2006 erst recht in Zweifel zu ziehen. Nur bis zum Kommunalwahlkampf haben sie nach den heftigen Attacken im November Stillhalten zugesagt. Hoch gesteckt sind die Erwartungen bei den Grünen. Sie wollen vom Aufwärtstrend in Umfragen profitieren und nach einem Absacken auf fünf Prozent wieder die Acht vor dem Komma erreichen. Kleine Brötchen backt dagegen die FDP: Sie hofft auf wenigstens fünf Prozent (1999: 4,1) und nach langer Zeit wieder auf den Einzug in den Trierer Stadtrat.

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