(Noch) keine Spur von Derrick und Maigret

LUXEMBURG. Derrick und Maigret gemeinsam auf Spurensuche, hochgerüstete Spezialisten von Polizei und Gendarmerie vereint im Kampf gegen das Böse - wer sich ähnlich Spektakuläres unter dem "Zentrum für grenzüberschreitende Polizeiarbeit" in Luxemburg vorstellt, wird enttäuscht: Es geht in der Vier-LänderDienststelle um Alltagsarbeit.

 Pionierarbeit: Hauptkommissar Joachim Forster ist von der saarländischen Polizei abgeordnet in die gemeinsame Dienststelle nach Luxemburg. Hier arbeiten erstmals Polizisten aus vier Nationen zusammen.Foto: Michael Schmitz

Pionierarbeit: Hauptkommissar Joachim Forster ist von der saarländischen Polizei abgeordnet in die gemeinsame Dienststelle nach Luxemburg. Hier arbeiten erstmals Polizisten aus vier Nationen zusammen.Foto: Michael Schmitz

In der Anfang März eröffneten Dienststelle für die grenzüberschreitende Polizeiarbeit in der luxemburgischen Hauptstadt arbeiten erstmals Polizisten aus vier Ländern - Deutschland, Belgien, Luxemburg und Frankreich - unter einem Dach. Dabei geht es nicht um gemeinsame Verbrecherjagd, also die Ermittlungsarbeit, sondern um das eher profane Alltagsgeschäft der Polizei. Und das soll durch den direkten, grenzüberschreitenden Austausch von Informationen verbessert werden."Service-Leister" für die Polizei

Klaus Lieder, Koordinator der deutschen Polizei in der Luxemburger Dienststelle, beschreibt ein einfaches Beispiel: Bei einem Unfall in Deutschland ist ein Auto aus Luxemburg beteiligt. Der Fahrer begeht Unfallflucht, sein Kennzeichen ist aber bekannt. Um herauszufinden, wer Halter des Fahrzeugs ist, musste sich ein deutscher Beamter bisher über die Zentrale der luxemburgischen Polizei bis zur entsprechenden Stelle durchtelefonieren, die ihm eine Halterabfrage machen konnte. Verbunden war das häufig mit sprachlichen Problemen sowie der grundsätzlichen Frage, wo überhaupt der richtige Ansprechpartner im Nachbarland zu finden ist.Künftig soll der Dienstweg kürzer werden, ein Anruf bei der neuen Dienststelle genügen. Dort kann direkt auf die Datenbanken der vier Länder zugegriffen werden. "Wir werden hier den gesamten polizeilichen Bereich abdecken", sagt Lieber und nennt weitere Beispiele: Vermisstensuche, Recherche bei Einwohnermeldedaten, Anfragen in Sachen Schleusung, illegale Einwanderung oder Drogenschmuggel. "Die Dienststelle soll ein Ansprechpartner sein, Informationen beschaffen und weitergeben", sagt Lieber. Das Büro also eine Art "Service-Leister" für die nationalen Polizeidienststellen. Bis es soweit ist, werden allerdings noch einige Wochen ins Land gehen.Zwar sind schon einige Büros in dem vierstöckigen Gebäude in der Rue Adolphe Fischer eingerichtet, doch der richtige Betrieb beginnt voraussichtlich erst im April. Derzeit wird noch gehämmert und gebohrt, werden Leitungen verlegt, Schreibtische und Schränke aufgeschlagen.Unter den insgesamt 30 Beamten werden fünf aus Deutschland sein (siehe Hintergrund), drei Grenzschützer und je ein Beamter aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Während die rheinland-pfälzische Stelle noch nicht endgültig besetzt ist - auf den Posten haben sich zwölf Beamte beworben -, ist der Saarländer schon vor Ort. Hauptkommissar Joachim Forster, der von der saarländischen Landespolizeidirektion abgeordnet worden ist, bringt aus seiner früheren Tätigkeit als Verbindungsbeamter zur französischen Polizei vor allem eine Erfahrung für die grenzüberschreitende Arbeit mit: "Wenn man einen Ansprechpartner persönlich kennt, bringt das einen schon viel weiter." In dieser Beziehung dürfte das gemeinsame Büro sicher eine Erleichterung sein, vor allem, weil die vier Nationen im so genannten "Lagezentrum" bei der täglichen Arbeit in einem Raum, an einem großen Tisch vereint sind. Kooperation auf Zuruf also. Verständigt wird sich auf Deutsch, Französisch oder Englisch, fast alle Polizisten sind zweisprachig. "Die Familie hier wächst sehr schnell zusammen", berichtet Joachim Forster.Grenzen bleiben - zwischen Bundesländern

Rein menschlich gesehen sind die Beamten damit schon weiter als rein juristisch betrachtet. Denn der Datenschutz macht zumindest auf deutscher Seite derzeit wirklich effektiver grenzüberschreitender Arbeit noch einen Strich durch die Rechnung. Der Saar-Polizist darf seinem rheinland-pfälzischen Kollegen zwar eine Auskunft erteilen, aber dieser darf nicht an den Saar-Rechner und dort selbst in den Datenbanken recherchieren. Der Datenschutz verbietet den Online-Informationsaustausch zwischen den Länderpolizeien. Hat einer der deutschen Polizisten also Urlaub, kann ihn der Kollege aus dem Nachbarbundesland oder ein Grenzschützer nicht einfach so vertreten. Das Problem ist allerdings erkannt und soll behoben werden: Entsprechende Datenschutz-Regelungen sind Teil des rheinland-pfälzischen "Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes", dessen Änderung laut Klaus Lieber möglicherweise schon bis zum Sommer durch sein soll. Und auch das Saarland prüft eine Gesetzesänderung, wie Innenministeriums-Sprecher Peter Meyer unserer Zeitung sagte.Bis die nationalen Gesetze den grenzüberschreitenden Aufgaben angepasst sind, können also noch Monate ins Land gehen. Maigret und Derrick auf Spurensuche - das bleibt vorläufig weiter ein europäischer Polizistentraum.

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