Nur kurz qualmte der Pulverdampf

MAINZ. Bodenständig und meist unauffällig wird in Mainz regiert. Zwar sorgen Reibereien immer mal für Schlagzeilen, doch sind sich Ministerpräsident Beck und sein Stellvertreter Bauckhage zur Halbzeit der Wahlperiode einig, dass es mit der SPD/FDP-Koalition auch 2006 weiter gehen könnte.

Die Anerkennung kam unfreiwillig und aus der falschen Ecke: Es sei "verdammt schwer", gegen diese Regierung Opposition zum machen, stöhnte jüngst CDU-Chef Christoph Böhr bei einem Parteitag. Schließlich laufe die SPD nicht mit sozialistischen Parolen durchs Land und habe den potenziellen CDU-Koalitionspartner bereits bei sich im Boot. Um möglichst lange am Steuer zu bleiben, haben die sozialliberalen Bündnispartner ein einfaches Rezept: keine waghalsigen Reformen und den Umgang miteinander nicht zur Strapaze werden zu lassen. Dass nach zehn gemeinsamen Regierungsjahren das Verhältnis jedoch der Pflege bedurfte, zeigte sich nach dem Wahlsieg 2001. Die SPD eroberte sich im koalitionsinternen Verteilungskampf dank guten Wahlergebnisses vieles zurück, was sie 1996 verloren hatte. Ein Streit um die Besetzung des Chefsessels am Mainzer Landgericht brachte jedoch eine Lunte zum Glühen. "Die SPD will die Justiz sturmreif schießen", schallte es aus dem FDP-geführten Justizministerium. Erst ein Krisengipfel der Koalitionsspitzen sorgte dafür, dass sich der Pulverdampf verzog. Doch häufiger als in früheren Zeiten sorgten auch rot-grüne Bundespolitik und Steuerpläne für Querelen. Von "freundschaftlich" auf "geschäftsmäßig-partnerschaftlich" kühlte sich zuweilen das Koalitionsklima ab. Dennoch setzte sich immer wieder die Einsicht durch, dass beide "Luft zum Leben" brauchen. TrotzFinanzklemme blieb das inzwischen bundesweit anerkannte Ganztagsschul-Projekt unangetastet. Die FDP durfte dafür ihr bildungspolitisches Lieblingskind Eliteschule aus der Taufe heben. Auch musste Bauckhages Verkehrs-Renommierstück "Mobilitätsmilliarde" nur leichte Abstriche hinnehmen. Der allgemeine Protest gegen Reformen der Agrar- und der Forstverwaltungen hielt sich in Grenzen. Der Entrüstungssturm, den die Einschnitte bei den Leistungen für die Beamten auslöste, blieb bei den Bürgern offenbar ohne große Resonanz. Das Ansehen der Regierung wird in Umfragen von 54 Prozent als gut beurteilt. Doch sinkende Steuereinnahmen und massiv gestiegene Verschuldung könnten die Regierung in der zweiten Halbzeit arg in Bedrängnis bringen. Ohne "Moos" ist auch in der Politik wenig los.

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