Offene Kommunion: Fanpost für den Pfarrer

SAARBRÜCKEN/TRIER. Abendmahl für alle? Kirchenoffiziell ist und bleibt das verboten, jedenfalls für Katholiken. Während ein Pfarrer in Franken deshalb schon beurlaubt wurde, ist eine mögliche Bestrafung des Saarbrücker Theologen Gotthold Hasenhüttl noch unklar.

Eigentlich hätte Gotthold Hasenhüttl für heute ein Ticket nach Berlin lösen müssen. Denn der in Saarbrücken lebende Priester hat eine Einladung vom Berliner Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky bekommen, heute um 17 Uhr in dessen Büro in der Bundeshauptstadt vorzusprechen. Das vom 5. Juni datierte Schreiben Sterzinskys ist eine freundlich formulierte Einladung zum Rapport: Es geht um den Gottesdienst, den Hasenhüttl während des Ökumenischen Kirchentages in Berlin zelebriert hatte. Bei der Messfeier am 29. Mai in der Gethsemane-Kirche gab es eine offene Kommunion, also das Abendmahl für alle Teilnehmer, gleich welcher Konfession. Er habe davon nur aus den Medien gehört, schreibt Sterzinsky an Hasenhüttl, wolle sich in einer so sensiblen Sache aber nicht auf Medienberichte verlassen, sondern mit Hasenhüttl darüber sprechen. Der in Saarbrücken lebende Priester hat allerdings keine Lust auf die Fahrt nach Berlin, wie er dem TV sagte. Er habe Sterzinsky schriftlich abgesagt, sagt Hasenhüttl und zitiert aus seinem Brief: "Ich habe öffentlich eine katholische Eucharistiefeier gehalten für alle, die ihr Leben an Jesus Christus orientieren. Falls Sie Interesse daran gehabt hätten, wären Sie ja da gewesen und sicher herzlich begrüßt worden." Er werde Fragen gerne beantworten, sagt Hasenhüttl - aber nur schriftlich. Wenn Sterzinsky mit ihm sprechen wolle, sei er herzlich nach Saarbrücken eingeladen. "Es gibt auch Kaffee und Kuchen." Er selbst aber fahre jedenfalls nicht zur Rechtfertigung nach Berlin. Dass der "Fall Hasenhüttl" für den Hauptstadt-Kardinal damit erledigt ist, glaubt der Saarbrücker Priester nicht. Auch wenn Sterzinsky auf seine Absage bisher nicht reagiert hat. Hasenhüttl ist nach wie vor überzeugt, nichts Unrechtes getan zu haben, doch er ist sicher: "Die müssen sich etwas einfallen lassen, sonst wird sich jeder andere Priester auf mein Beispiel berufen." Dass den Kirchenoffiziellen die Beschäftigung mit dem streitbaren Theologen nicht ganz angenehm ist, zeigt das Geschiebe um die Zuständigkeit. Zuerst hieß es, Hasenhüttls Heimatbistum Graz-Seckau(Österreich) sei für ihn zuständig, dann kam Triers Bischof Reinhard Marx ins Spiel, in dessen Diözese Hasenhüttl seit 30 Jahren lebt. Nun hat Kardinal Sterzinsky das zweifelhafte Vergnügen, über Sanktionen zu entscheiden, weil die Messe in seiner Diözese gelesen wurde. Die Entscheidung dürfte nicht einfach werden, denn im Grunde hat Hasenhüttl nur einen katholischen Gottesdienst zelebriert. Dass sich dabei auch evangelische Christen beim Abendmahl anstellten, dürfte ihm schwerlich als Vergehen anzukreiden sein.Fränkischer Priester längst beurlaubt

Etwas leichter als das Berliner Kirchenoberhaupt hat es Bischofs-Kollege Walter Mixa aus dem fränkischen Eichstätt. Der hatte den 41-jährigen Priester Bernhard Kroll aus Großhabersdorf schon kurz nach dem Kirchentag beurlaubt, weil er - entgegen dem Kirchenrecht - an einem evangelischen Abendmahl teilgenommen hatte. Für Kroll hat es mittlerweile eine Solidaritätswelle gegeben: Organist und Chor seiner Pfarrgemeinde streiken, Unterschriften werden gesammelt, und am Donnerstag soll im Pfarrgarten mit einem "Lichtermeer" aus Kerzen für die Einheit der Kirche gebetet werden. Auch Professor Hasenhüttl hat Unterstützung bekommen: 50 Briefe seien eingegangen, berichtet er, größtenteils "Fan-Post". Nur in vier Briefen sei er beschimpft und von einem Schreiber als "verlorenes Schaf" bezeichnet worden.

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