Ohne Brauereien droht dem Sport das Aus

Die Brauindustrie sieht düsteren Zeiten entgegen: Der Bierkonsum sinkt seit Jahren, das Rauchverbot in der Gastronomie lässt den Umsatz schrumpfen, nun droht neues Ungemach. Die Politik denkt an ein Werbeverbot für Alkohol, höhere Steuern und an eine Null-Promille-Grenze. Doch die Branche will das nicht so einfach hinnehmen.

 Die Trierer Basketballer sind auf das Sponsoring der Bitburger Brauerei angewiesen. TV-Foto: Archiv/funkbild

Die Trierer Basketballer sind auf das Sponsoring der Bitburger Brauerei angewiesen. TV-Foto: Archiv/funkbild

Bitburg. Die Brauer sind in höchster Alarmstimmung. Nach den Empfehlungen des Deutschen Drogenrates soll der Alkoholkonsum in Deutschland massiv eingeschränkt werden. Im "nationalen Aktionsprogramm zur Alkoholprävention" sind die Maßnahmen aufgelistet, die vom Werbe- und Sponsoring-Verbot über höherer Alkoholsteuer bis hin zur Null-Promille-Grenze für Verkehrsteilnehmer gehen. Ziel ist es, den Konsum um 20 Prozent zu reduzieren. "Pro Jahr sterben mehr als 70 000 Menschen in Deutschland an den Folgen des Alkoholkonsums", argumentiert der Rat. Dabei soll vor allem Jugendlichen der Einstieg in den Konsum erschwert werden.

"Das ist eine Kriminalisierung unserer Produkte", wehrt sich die Wirtschaft gegen die Pläne. "Was Frau Bätzing (Drogenbeauftragte der Bundesregierung) hier plant, ist ein Generalangriff auf die Freiheit der Bürger", sagt Peter Rikowski, Geschäftsführer der Bitburger Brauerei. Vor allem attackiert Rikowski, dass die Argumente der Politik nicht stimmig seien. "Wir haben seit Jahren einen rückläufigen Alkoholkonsum in Deutschland und gleichzeitig haben wir einen Anstieg der Alkoholexzesse." Das eigentliche Problem in dieser Entwicklung gehe die Politik aber nicht an, kritisiert der Bit-Chef. Die wahren Ursachen lägen in sozialen Problemen von Jugendlichen, dem persönlichen Umfeld und in fehlenden Perspektiven. Die Brauindustrie hat erkannt, dass sie - aus sozialer Verantwortung oder wirtschaftlichen Überlegungen - dabei keine Verweigerungshaltung einnehmen kann. "Wir wollen in der Braubranche durchsetzen, dass Biermix-Getränke in Zukunft höchstens einen Alkoholanteil von 2,9 Prozent haben", erklärt der Bitburger-Chef.

Basketballer halten Pläne "für lächerlich"



Mit einer solchen Selbstverpflichtung und weiteren Präventionsmaßnahmen würde die Industrie gerne die Ansätze der Politik unterstützen, sagt Rikowski, "doch die Ansicht von Frau Bätzing ist, Selbstverpflichtung greift nicht, der Staat muss das regeln."

Dabei warnen die Brauer vor den weit reichenden Folgen, die eine Umsetzung des Aktionsprogramms habe. Wenn über Steuern, Promille-Grenze und andere Maßnahmen der Konsum, wie geplant, um 20 bis 30 Prozent einbrechen würde, koste das laut Rikowskis tausende Jobs bei Brauereien und in der Gastronomie. Ein Werbe- und Sponsoringverbot würde zudem viele Sport- und Kulturvereine ruinieren.

Lothar Hermeling, Geschäftsführer der Trierer Bundesliga-Basketballer (TBB), hält solche Pläne "für lächerlich". Die Bitburger Brauerei sei seit zehn Jahren "ein fairer und partnerschaftlicher Sponsor, der uns auch in der zweiten Liga nicht im Stich gelassen hätte". Die gesamte Basketball-Bundesliga könnte ohne Sonsoring von Brauereien kaum überleben. "Wo hört das auf? Zuerst hat man Wettanbietern wie Lotto die Werbung untersagt, jetzt Brauereien, dann Fastfood?", sagt Hermeling. Mit den Sponsorgeldern werde im Sport nicht nur der Profibereich finanziert, sagt der TBB-Manager. "Wir investieren stark in die Nachwuchsförderung."

Auch der Geschäftsführer der DJK/MJC Trier, Jürgen Brech, sieht verheerende Folgen auf die Vereine zukommen, wenn die deutsche Brauwirtschaft als Werbe- und Sponsorpartner ausfällt. "Hier schießt die Politik weit übers Ziel hinaus. Im Verein jagen nicht nur die "Miezen" in der Handball-Bundesliga dem Ball nach, rund 1000 Jugendliche sind im Verein angemeldet. Vor allem der Breitensport wird auch durch die Sponsorgelder möglich gemacht. "Die Vereine sind hier doch sehr wichtig. Sie holen die Jugendlichen von der Straße weg", sagt Brech. Armin Bertsch, Geschäftsführer des Fußballverbandes Rheinland, sieht in den Brauereien einen wichtigen Partner. 2007 trainierten die 26 000 Fußballvereine 530 000 Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren und 1,41 Millionen Kinder bis 14 Jahre. "Gerade im Breitensport wäre vieles ohne Sponsoring nicht möglich", sagt der Verbands-Geschäftsführer.

Unterdessen hat erst gestern Drogenbeauftragte Sabine Bätzing (SPD), stärkere Kontrollen zur Einhaltung des Verkaufsverbots von Alkohol an Minderjährige gefordert. "In Kneipen, Kiosken, Tankstellen und Geschäften müssen regelmäßig jugendlich aussehende Testkäufer überprüfen, ob sie nach dem Ausweis gefragt werden", sagte sie. Dies habe nichts mit Spitzelei, sondern mit korrekter Kontrolle zu tun.

Meinung

Erfolg beflügelt

War doch absehbar, dass sich die Gralshüter von öffentlicher Gesundheit und Moral nach ihrem Etappensieg beim Thema Rauchverbot nicht zur Ruhe setzen würden. Ganz im Gegenteil. So ein Erfolg beflügelt. Okay, das Beinahe-Verbot fürs Kinderüberraschungs-Ei war ein Ausrutscher. Aber dass sich als Nächstes Deutschlands Produzenten von Bier, Wein und anderen alkoholischen Getränken würden warm anziehen müssen, lag auf der Hand. Genau wie die Strategie ihrer Widersacher. Mit Maximal-Forderungen wie Werbe- und Sponsoring-Verbot gehen der Drogen- und Sucht-Rat sowie dem Gremium gewogene Politiker in die Diskussion, ein wenig nachgeben kann man dann ja immer noch. Logisch, dass sich vor der Landtagswahl in Bayern und der Bundestagswahl im nächsten Jahr vordergründig nicht mehr viel tun wird - zu groß die Gefahr, dass Wähler verprellt werden. Aber spätestens im Herbst 2009 wird die Gesetzgebungs-Maschinerie in Gang gesetzt. Ein, zwei Jahre später wird dann der zweite Etappensieg verbucht sein. Der wird zunächst auf Kosten der regionalen Winzer und Bierbrauer gehen, die für ihre stigmatisierten und höher besteuerten Produkte dann allenfalls noch eingeschränkt werben dürfen. Spannend wird noch sein, wen sich die Gralshüter danach vorknöpfen. r.seydewitz@volksfreund.de

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