Ostbelgien verliert den Regenbogen

EUPEN. Fünf Jahre leuchtete ein Regenbogen am politischen Himmel Ostbelgiens. Künftig wird er nicht mehr zu sehen sein. Bei den Gemeinschaftswahlen am Sonntag verloren Liberale (PFF), Sozialisten (SP) und Grüne (Ecolo) ihre knappe Mehrheit von 13 der insgesamt 25 Sitze.

Die SP von Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz konnte zwar ein Mandat hinzugewinnen und verfügt jetzt über fünf Plätze im Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft (RDG), aber PFF (fünf) und Ecolo (zwei) haben im künftigen Parlament jeweils einen Vertreter weniger. Die Grünen von Minister Hans Niessen verloren sogar ihren Fraktionsstatus, was zur Folge hat, dass sich etliche Mitarbeiter nach einem neuen Job umsehen müssen. Stärkste Fraktion ist nach wie vor die CSP, wenngleich auch sie einen Sitz einbüßte. Die Christlich-Sozialen, die nunmehr acht Repräsentanten im RDG haben, waren vor fünf Jahren erstmals in die Opposition verbannt worden. Ihr primäres Ziel haben sie trotz des Verlusts von einem Mandat erreicht. "Wir sind bei dieser Wahl angetreten, um die Mehrheit des Regenbogens zu brechen, und das ist geschehen", sagte der Eupener Bürgermeister Elmar Keutgen. Indes ist nicht sicher, dass die Christlich-Sozialen in die Regierungsverantwortung zurückkehren, denn noch nie waren nach einer Gemeinschaftswahl so viele Allianzen möglich. So ist nicht ausgeschlossen, dass die PJU-PDB, die eine größtmögliche Autonomie für die deutschsprachigen Belgier anstrebt, zum ersten Mal in der 30-jährigen Geschichte des ostbelgischen Parlaments der Mehrheit angehört. Sie behielt jedenfalls ihre bisherigen drei Sitze und erreichte damit ihr wichtigstes Ziel. Für die größte Überraschung sorgte die Bürgerbewegung Vivant, die erstmals im Rat vertreten sein wird und es auf zwei Sitze brachte. Nach Einschätzung von Beobachtern erweist sich Vivant als Sammelbecken für Protestwähler. Möglicherweise hat Ecolo vom Wähler Prügel bezogen für die Erhöhung der Gehälter der drei Minister um stolze 27 Prozent, die in der Bevölkerung auf heftige Kritik gestoßen war. Vertreter aller Parteien begrüßten die Tatsache, dass die Rechtsextremen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft keine nennenswerte Rolle spielen, wenngleich der Front National (FN) für die Wahl zum wallonischen Regionalparlament mit fünf Prozent einen Achtungserfolg verbuchen konnte. Keine Überraschung gab es bei der Wahl zum Europäischen Parlament. In Straßburg wird Ostbelgien auch in Zukunft durch den Christlich-Sozialen und Kelmiser Bürgermeister Mathieu Grosch vertreten, der über 9000 Vorzugsstimmen erzielte.

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