Partei-Rebell hungert gegen linke Touren

Es ist schon eine ungewöhnliche Art der innerparteilichen Willensbekundung: Mit einem unbefristeten Hungerstreik protestiert der frühere Ludwigshafener Kreisvorsitzende von "Die Linke" seit dem Wochenende gegen die Zustände in der Landespartei.

 „Die Linke“ verdirbt Wolfram Sondermann den Appetit. Foto: privat

„Die Linke“ verdirbt Wolfram Sondermann den Appetit. Foto: privat

Ludwigshafen. (ren) Wolfram Sondermann benennt kein konkretes Streikziel. Aber mindestens zwei Wochen bis zum Parteitag in Mainz will der Kritiker von Landesparteichef Alexander Ulrich darben - und dann weitersehen. In einem Brief an die Bundesvorsitzenden Oskar Lafontaine und Lothar Bisky wirft Sondermann dem Bundestagsabgeordneten Ulrich vor, gezielt "unliebsame" Parteimitglieder mit der Begründung ausbleibender Beitragszahlungen aus der Mitgliederkartei zu streichen, um sich Abstimmungsmehrheiten zu sichern. "Da steckt System dahinter", sagt Sondermann. Ausgewirkt habe sich das in Ludwigshafen bei der Kandidatenkür für den Landesparteitag. Auf Ulrichs Betreiben sei zehn Teilnehmern das Stimmrecht abgesprochen worden. Die Verbleibenden hätten dann elf Ulrich-Getreue zu Parteitagsdelegierten gewählt - in Sondermanns Augen der Versuch, "sich Mehrheiten herbei zu administrieren", ohne die sich Ulrich seiner Wiederwahl als Landesparteichef nicht sicher sein könne. Das ist noch eine zurückhaltende Schilderung der Veranstaltung. Auf einschlägigen Internet-Seiten ist von "Saalschlacht" die Rede, handgreiflichen Übergriffen und einem Polizeieinsatz. Steckt darin ein wahrer Kern, stehen sich Kritiker und Anhänger von Ulrich unversöhnlich gegenüber. Für Ulrich selbst geht es um viel. 2005 zog der IG-Metall-Bevollmächtigte und Ex-Sozialdemokrat aus dem Kreis Kaiserslautern als Landeschef der "Wahlalternative" WASG in den Bundestag ein.

Nach dem Parteizusammenschluss 2007 braucht er diesmal auch die Unterstützung der ehemaligen Linkspartei PDS. Sondermanns Vorwürfe weist er jedoch zurück: "Ich weiß nicht, woher er diese Behauptungen nimmt." Er selbst, Ulrich, habe gar keinen Zugang zur Mitglieder-Datenverwaltung, nur seine Mitarbeiterin Elke Theisinger-Hinkel: "Ich wüsste auch gar nicht wie. Ich bin nicht so der Technik-Freak." Die Delegiertenwahl sei die Entscheidung des Kreisverbands gewesen, betont Ulrich. "Von landesweit 28 Wahlen gab es bei 27 keine Probleme." Sondermanns Wahl-Anfechtung habe das Landes-Parteischiedsgericht schließlich zurückgewiesen. Aber Sondermann hat dagegen Revision beim Bundesschiedsgericht eingelegt, ebenso wie gegen seinen Partei-Ausschluss, den der heutige Ludwigshafener Kreisvorstand beantragt hatte. Bis zur Entscheidung gilt er weiter als Parteimitglied. Auch Sondermann hat bei der Bundestagswahl 2009 etwas zu verlieren: Er ist Mitarbeiter des Abgeordneten Gert Winkelmeier. Der Neuwieder flog aber aus der Berliner Fraktion wegen erwiesener Steuerhinterziehung und weil er früher Mitbesitzer eines Hauses war, in dem Prostitution stattfand.

Sondermann ist nicht der einzige Parteirebell. Er zählt sich zur "Integrativen Linken", eine "Kritische Linke" sammelt sich um den früheren PDS-Landesvorsitzenden Albert Schtschepik aus Trier. Gegen diesen wiederum hat Ulrich einen Antrag auf Parteiausschluss gestellt, der noch nicht entschieden ist. Es könnte ein turbulenter Parteitag werden. Doch Lafontaine und Bisky, die Sondermann für die "desaströsen Verhältnisse in meiner Landespartei" schriftlich in Mit-Haftung nimmt, werden wohl kaum als Retter einschweben. Dafür soll ein privater Wachtrupp die bis zu 175 Delegierten schützen. Im Zweifelsfall voreinander.

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