"Pilot hat gesehen, was er tut"

HAHN. Warum kam in Tornado eine Passagiermaschine der irischen Ryanair Mitte Oktober gefährlich nahe? Die Frage bleibt derzeit noch ungeklärt. Fest steht nur: Die Gefahr war größer als bisher bekannt.

0,2 NM (nautische Meilen), umgerechnet knapp 380 Meter - so nahe kam der Luftwaffenjet am 16. Oktober der Ryanair-Maschine kurz vor dem Flughafen Hahn. 169 Passagiere waren an Bord der Boeing 737-800, die aus Pisa kam. Der Landeanflug war bereits eingeleitet, noch knapp 13 Kilometer bis zum Hahn, als um 14.23 Uhr plötzlich das Kollisionswarnsystem im Cockpit der Ryanair-Maschine Alarm schlug. Der Bundeswehr-Tornado ging plötzlich 500 Meter nach unten und flog auf die in 1300 Meter Höhe fliegende Passagiermaschine zu, umkreiste sie entgegen dem Uhrzeigersinn und dreht dann wieder ab. Und das alles in einer Entfernung von weniger als 400 Meter. Der Ryanair-Pilot brach sofort den Landeanflug ab und zog die Maschine nach oben, um eine Kollision zu vermeiden.Kurze Zeit später landeten beide Flugzeuge sicher, die Ryanair-Maschine auf dem Hahn, der Tornado im nordrhein-westfälischen Nörvenich (Kreis Düren). Doch der Bericht der Bundesstelle für Fluguntersuchung (BFU) in Braunschweig lässt keinen Zweifel: Der Zwischenfall, der sich vor zwei Monaten ereignete, ist eine "schwere Störung". Laut Definition der BFU heißt das, es handelte sich um ein Ereignis, bei dem sich "beinahe ein Unfall ereignet hätte". Auf insgesamt zwei Seiten beschäftigt sich das nun veröffentlichte Bulletin der Bundesstelle mit dem Zwischenfall.

Bei der Luftwaffe sieht man das jedoch alles ganz anders. Von einem Beinahe-Unfall, will man dort nichts wissen. In einer Luftraum wie dem über dem Hahn, in dem sowohl Sichtflug (also ohne Anweisungen von Fluglotsen), als auch Instrumentenflug möglich sei und in dem sowohl zivile als auch militärische Flugzeuge fliegen dürften, betrage der Mindestabstand 150 Meter. "Da waren wir noch weit davon entfernt", sagte Holger Wilkens, Sprecher der Luftwaffe in Köln, gestern unserer Zeitung. Es habe keine Gefahr bestanden. "Der Pilot hat genau gesehen, was er tut. Er hatte die Passagier-Maschine ständig im Blick", sagte der Luftwaffensprecher. Warum der erfahrene Kampfjet-Pilot (1483 Flugstunden), das riskante Manöver wagte, darauf hat Wilkens allerdings keine Antwort gehabt. Er habe jedenfalls gegen keine Vorschrift verstoßen.

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