Rückkehr ins Land der Täter

Die jüdische Gemeinde in Trier hat das 50-jährige Jubiläum ihrer Synagoge mit einem von Appellen und Erinnerungen geprägten Fest gewürdigt - in Anwesenheit prominenter Gäste.

 50 Jahre Trierer Synagoge: Rabbi Gerald Rosenfeld hält beim Festakt die Predigt. TV-Foto: Miguel Castro

50 Jahre Trierer Synagoge: Rabbi Gerald Rosenfeld hält beim Festakt die Predigt. TV-Foto: Miguel Castro

Trier. Rabbi Gerald Rosenfeld aus dem französischen Thionville steht am Lesepult der Trierer Synagoge. Im Hintergrund dominiert ein meterhoher Schrein die Wand, er enthält die heiligen Thora-Rollen, flankiert von sechsarmigen Leuchtern. Stumm schaut er auf die Zuhörer im fast vollbesetzten Versammlungsraum der Synagoge, einem 1957 errichteten Neubau an der Trierer Kaiserstraße. Gesänge auf Hebräisch

Rechts vom Rabbi steht Chorleiter Philippe Marx mit dem Rücken zum Publikum, der zahlreich erschienenen Prominenz aus Trier, Mainz und München. Unter anderem ist Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, angereist, um das 50jährige Bestehen der Synagoge zu feiern. Sechs kraftvolle Männerstimmen setzen ein. Die Sänger singen auf Hebräisch. Die Zuhörer, die Männer haben die traditionelle Kipa auf dem Kopf, lauschen gebannt. "Baruch haba beschem Haschem", "Gesegnet sei, wer im Namen des Ewigen kommt". Als Rosenfeld von der Katastrophe des Holocaust spricht, wechselt auch er immer wieder zur Sprache Israels. 800 Juden lebten noch 1933 in Trier. Lediglich 14 kehrten nach dem Krieg zurück. Sie resignierten nicht, "krempelten die Ärmel hoch" (Knobloch), bauten die neue Synagoge. Ein Aufstieg wie der des Phoenix' aus der Asche.Später, nach der Predigt, im mit 600 Zuhörern vollbesetzten Theater Trier, dankt Präsidentin Knobloch dem anwesenden Heinz Kahn, einem der Rückkehrer, "für seinen Mut". Die Entscheidung, im "Land der Täter" zu bleiben, sei keine Selbstverständlichkeit gewesen. "Der Neubau war von der Hoffnung geprägt, dass das Judentum in Deutschland wieder Fuß fassen könne", sagt Benz Botmann, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde. Das ist den 14 gelungen: Heute zählt die Gemeinde rund 500 Mitglieder. Zu Staat und Stadt gebe es ein "warmes" Verhältnis, freut sich Botmann. Triers Oberbürgermeister Klaus Jensen fordert, gegenüber Hass, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit wachsam zu sein. Knobloch fordert in ihrer eindringlichen Rede zur Abwehr von Rechtsextremismus ein neues "Bürgerethos". Der Begriff des Patriotismus müsse neu besetzt werden. Grundrechte dürften nicht mit Füßen getreten werden. Mit dem Bau der Synagoge haben die 14 Rückkehrer ein Zeichen setzen wollen: "Nicht noch einmal. Nie wieder."

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