Räuber kommen mit dem Traktor

MANDERSCHEID/ETTELDORF. Die Mitarbeiter der Raiffeisenfiliale in Manderscheid (Kreis Bernkastel-Wittlich) sind bei dem Automaten-Diebstahl mit dem Schrecken davon gekommen.

Mittags konnte Susanne Stolz, Mitarbeiterin der kleinen Manderscheider Raiffeisenbank, schon wieder lachen. Da kam nämlich ein Kunde mit seiner gefüllten Kasse zur bestohlenen Bank und fragte: "Könnt' ihr noch Geld brauchen?" Am Morgen sah es anders aus. "Das war schon ein Schreck, als ich hierher kam und von dem Automaten-Diebstahl hörte", sagt Stolz. Nach so was gehe man mit anderen Gefühlen in die Bank. Doch hätte es ja auch schlimmer kommen können. "Das erste, was man denkt, ist: Gott sei Dank, nur der Automat!"Materialschaden von 130 000 Euro

Ganz ähnlich sieht es Bankmitarbeiter Gottfried Roden. "Es ist wichtig, dass niemand etwas passiert ist, den Schaden kann man beheben." Auf 130 000 Euro wird der Materialschaden in der Bank geschätzt, hinzu kommt der fünfstellige Euro-Betrag, über dessen Höhe die Polizei nichts sagen will, um die Lukrativität solcher Diebstähle im Dunkeln zu lassen. Für Roden kam der Automaten-Diebstahl nicht völlig überraschend. "Ich habe erwartet, dass irgend so etwas mal passiert. Eigentlich ist es eine Leichtigkeit, das Ding hier rauszuholen. Es ist ebenerdig und der Parkplatz direkt vor der Tür." Die Polizei warne die Banker besonders in kleinen Orten nicht weit entfernt von der Autobahn vor Diebstählen, ergänzt Stolz. Die Statistik gibt ihr Recht: Die Eifel war in den vergangenen Jahren Tatort einiger Banküberfälle. Ob man nun aus dem Raub Konsequenzen ziehen wird, ist bei der Volksbank Bernkastel-Wittlich noch nicht klar. Das hänge davon ab, welche Empfehlungen die Polizei und vor allem die Versicherung, die für die Schadensregulierung zuständig ist, geben werde, sagte der Vorstandsvorsitzende der Bank, Manfred Günter. Gottfried Roden macht etwas anderes Sorgen. "Es ist schon ein Schreck, wenn man sieht, wie brutal die Diebe vorgehen", sagt er. Brutal und gut organisiert. In der Nacht zum Dienstag stahlen die Täter zunächst in Etteldorf (Kreis Bitburg-Prüm) einen Traktor, in dem laut Polizei der Schlüssel steckte. Mit dem Traktor tuckerten sie nach Manderscheid und machten sich dort gegen 3.30 Uhr am Geldautomaten der Raiffeisenbank zu schaffen. Der Automat steht in einem Vorraum, dessen Tür immer offen ist. Mit einem Winkelschleifer durchtrennten die Diebe die Verankerung im Boden. An einem Stahlseil zerrten sie den schweren Geldautomaten mit Hilfe des Traktors dann nach draußen. Dort wurde das begehrte Stück offensichtlich in eines der Fluchtfahrzeuge, einen VW Multivan beziehungsweise Touran (beide silberfarben und mit belgischem Kennzeichen), geladen und ab ging's auf der L 46 in Richtung Daun. Die Täter müssen jedenfalls Nerven wie Drahtseile gehabt haben. Gut eine Stunde dürften sie von Etteldorf bis Manderscheid gebraucht haben, schätzt der Landwirt, dem in der Nacht ("Irgendwann zwischen Mitternacht und zwei Uhr") der sieben Jahre alte John-Deere-Traktor vom Hof gestohlen wurde. Warum sie ausgerechnet den kleinen Eifelort Etteldorf mit seinen 34 Einwohner für ihren Trecker-Diebstahl aussuchten, bleibt wohl das Geheimnis der Täter. Dass der Schlüssel steckte, sei ganz normal: "Das machen alle so. Wer rechnet schon damit, dass jemand einen Traktor klaut", sagt der 41-Jährige. Mitbekommen hat er nicht, dass seine Zugmaschine vom Hof geklaut wurde. "Erst als mich um halb fünf die Polizei aus dem Bett klingelte, habe ich langsam registriert, was passiert ist." Gestern Mittag fuhr er nach Manderscheid, wo sein Traktor immer noch vor der Raiffeisen-Filiale stand, um die Maschine abzuholen. Größere Schäden hat er daran nicht festgestellt. Was bleibt, sei ein mulmiges Gefühl: "Dass ausgerechnet in unserem kleinen Dorf sich Räuber rumtreiben, macht einen etwas unruhig", gesteht er. Alarmiert wurde die Polizei von Nachbarn, die das Treiben der vier bis fünf Wollmützen tragenden Tätern zum Teil beobachtet hatten. Doch als die Streife kam, waren die Diebe schon über alle Berge. Der Wittlicher Kripo-Leiter Norbert Müller erklärt: "Unser Dienstbereich ist weitläufiger als das Saarland, da sind die Entfernungen groß." Zwischen Üdersdorf und Niederstadtfeld im Kreis Daun fand die Polizei schließlich den Geldautomat. Daneben lag das Schweißgerät, das die Diebe vom Gelände einer Schmiede in Schutz (Kreis Daun) entwendet hatten. Von der Beute fehlt jede Spur. Geldsorgen müssen sich die Kunden der Manderscheider Raiffeisenbank nicht machen, auch wenn sie Bares außerhalb der Geschäftszeiten abheben wollen. Wo einst der Automat stand, verweist nun ein Zettel, auf den Geldautomaten der 50 Meter entfernten Sparkasse. Gottfried Roden erklärt: "Das geht aufgrund einer Kooperation kostenlos." In drei Wochen, schätzt Roden, wird die Raiffeisenbank einen neuen Automaten haben. Der wird vermutlich in die Wand eingebaut, damit Diebe auch mit Stahlseil keine Chance mehr haben.

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