Reben, Rüben und Lyoner

MAINZ. In steter Regelmäßigkeit versuchen Politiker die Republik neu aufzuteilen, um Bürokratie und Verwaltungskosten zu sparen ­ bisher ohne Erfolg. Erstmals wagt nun der Mainzer Ministerpräsident Kurt Beck den Blick über die Grenze.

 Zukunfts-Vision: Rheinland-Pfalz und das Saarland, vereinigt zu einem Bundesland. Über die Hauptstadt müsste noch debattiert werden. Über ein neues Wappen freilich auch. Der Vorschlag der TV -Redaktion stellt in den Mittelpunkt, was vielen Einwohnern gemeinsames Anliegen sein dürfte: gut essen und trinken.Grafik: TV /Fotos: TV -Archiv/K. Kimmling

Zukunfts-Vision: Rheinland-Pfalz und das Saarland, vereinigt zu einem Bundesland. Über die Hauptstadt müsste noch debattiert werden. Über ein neues Wappen freilich auch. Der Vorschlag der TV -Redaktion stellt in den Mittelpunkt, was vielen Einwohnern gemeinsames Anliegen sein dürfte: gut essen und trinken.Grafik: TV /Fotos: TV -Archiv/K. Kimmling

DieFrage einer Fusion stelle sich für die benachbarten Saarländernicht, warum sich also mit diesem Thema überhaupt beschäftigen,pflegte Kurt Beck bisher stets zu sagen, wenn wieder einmal dasThema Länderneugliederung aus der Versenkung auftauchte. Dochirgendwie gab es wohl einen Sinneswandel beim MainzerRegierungschef, der prompt für reichlich Verwirrung sorgte ­ bishinauf zum Regierungssprecher. Der hatte noch am Wochenende mitBlick auf die hohe Verschuldung des Nachbarn erklärt, dass sichRheinland-Pfalz das Saarland gar nicht leisten könne, weil es zuteuer sei. Gemeint war damit wohl eher, dass eine Übernahme teuerzu stehen käme. Eine Fusion könnte in erheblichem Maße Verwaltungskosten sparen, meint Beck jedoch und will mit seinem Saar-Kollegen Peter Müller auch bald einmal darüber sprechen. Bei den vielen als notwendig erachteten Reformen dürfe das Thema nicht länger ausgeklammert werden. Doch Beck sieht auch viele emotionale und geschichtliche Bindungen über die Landesgrenzen hinweg. In seiner Staatskanzlei rechnet man damit, dass die Neugliederungsdebatte durch einen möglichen zweiten Versuch, Berlin und Brandenburg zusammenzubringen, wieder frischen Schub erhalten könnte.

Zwar ist das Saarland finanziell äußerst schwach auf der Brust und kassiert allein noch für 2003 und 2004 insgesamt 560 Millionen Euro Bundesgelder im Rahmen einer Milliarden schweren Entschuldungshilfe. Ein Zusammenschluss ist für Müller gleichwohl kein Thema. Entscheidend ist für seinen Regierungssprecher Udo Recktenwald die Wahrnehmung der eigenen Interessen. Und die ist als eigenständiges Bundesland am besten sicherzustellen. "Das Saarland ist ein historisch gewachsenes Bundesland, dessen Menschen Saarländer bleiben wollen", stellt er klar und verweist zudem auf wirtschaftliche Fortschritte im Land.

Acht bis neun Ministerien auf der Streichliste

Unterstützung erhält Beck dagegen vom Bund der Steuerzahler, der gleich acht bis neun Ministerien als überflüssig betrachtet. Schließlich sei es egal, ob die Minister neben vier Millionen Rheinland-Pfälzern auch noch zusätzlich eine Million Saarländer regierten. Doch ebenso postwendend kommt auch die Einsicht, dass eine Fusion letztlich nur geringe Chancen habe, weil sie kaum ein Politiker ernsthaft umsetzen wolle.

CDU-Landeschef Christoph Böhr ist gegen eine Fusion der beiden Bundesländer. "Die Menschen drücken andere Probleme als der Zusammenschluss einzelner Länder", sagte Böhr dem TV . Scharfe Kritik äußerte der CDU-Politiker an den unterschiedlichen Äußerungen von Ministerpräsident Kurt Beck und dessen Sprecher Walter Schumacher. Die Mainzer Staatskanzlei sei das "Bermuda-Dreieck" der rheinland-pfälzischen Politik. "Da weiß die rechte Hand schon lange nicht mehr, was die linke tut."

Die Grünen haben für Becks Vorstoß nur ein Lächeln übrig. "Ein nettes Thema, um in die Schlagzeilen zu kommen", kommentierte Reiner Marz den Vorschlag. "Die Länder-Identität ist doch gerade erst gewachsen. Sie zu zerstören, ist absoluter Quatsch", meint der Trierer Landtagsabgeordnete.

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