Reformmodell mit Haken

MAINZ. Die Bezüge der Landtagsabgeordneten sollen durchschaubarer und die Alterversorgung abgespeckt werden, darin sind sich die Mainzer Volksvertreter einig. Doch der Modellfall Nordrhein-Westfalen, wo die Diäten auf 9500 Euro fast verdoppelt und dafür steuerfreie Pauschalen gestrichen wurden, kann nicht eins zu eins übertragen werden.

Die Überraschung war perfekt, als die vier Landtagsfraktionen Mitte März gemeinsam eine große Diätenreform nach dem Vorbild NRW ankündigten, die sie bis zum Herbst stemmen wollen. Eine interne Expertise des wissenschaftlichen Dienstes des Landtags zeigt jedoch erhebliche steuerrechtliche und finanztechnische Probleme für eine Umsetzung auf. Klar scheint laut Gutachten, dass eine hundertprozentige Übertragung der Düsseldorfer Diätenreform auf das rheinland-pfälzische Abgeordnetenrecht wegen unterschiedlicher Ausgangslagen nicht in Betracht kommt. Der Landtag Nordrhein-Westfalens hatte im März noch eilig vor den anstehenden Wahlen unter Beifall des Steuerzahlerbundes beschlossen, die Grunddiät von 4800 auf 9500 Euro fast zu verdoppeln. Im Gegenzug werden jedoch steuerfreie Leistungen wie die Kostenpauschale (monatlich 1200 Euro), Sitzungspauschale (300 Euro) und Fahrtkostenpauschale (bis zu 879 Euro) gestrichen. Zudem muss künftig jeder Abgeordnete 1500 Euro im Monat fürs Alter in ein Versorgungswerk einzahlen. NRW sei ein Modell mit Haken, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Jochen Hartloff. Doch die Probleme mit einer steuerlichen Absetzung von Kosten, die bisher als steuerfreie Pauschale abgegolten werden, sind aus seiner Sicht lösbar. Dabei geht es vor allem um die genaue Abgrenzung von absetzbaren Werbungskosten und nicht anzuerkennenden Wahlkampfkosten. Nach Auffassung seines CDU-Kollegen Herbert Jullien muss im Einkommensteuergesetz der Begriff "mandatsbedingte Ausgaben" definiert werden, um Rechtssicherheit zu schaffen. Lediglich auf Absprachen mit den Finanzbehörden zu setzen, wie im Nachbarland geplant, reicht ihm nicht. Zweiter Knackpunkt ist die Altersversorgung, die durch großzügige Regelungen bisher in zehn Jahren zu einer Vollversorgung führte. Das Gutachten des Landtags sieht kaum Chancen, für die Mainzer Abgeordneten ein eigenes Versorgungswerk aufzubauen. Alternative könnte ein Beitritt zur NRW-Pensionskasse sein, oder jedem Abgeordneten aufzugeben, individuell für seine Absicherung zu sorgen. Vorgabe ist allerdings, dass es zu Einschnitten kommen wird. Die Modelle für eine Altersicherung müssen noch von Experten gerechnet werden, sagt FDP-Fraktionschef Werner Kuhn. Doch ebenso wie die Grünen-Landtags-Vizepräsidentin Friedel Grützmacher sieht er das NRW-Modell weiter als Basis an - auch wenn nicht alles eins zu eins umzusetzen ist.

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