Reif für die Insel

Es war ein eher gemächliches und müdes Ausklingen der ersten Halbzeit 2004, als sich das Plenum in dieser Woche zur letzten Sitzung vor der Sommerpause zusammenfand. Künstliche Aufgeregtheiten waren nach überstandener Kommunalwahl nicht mehr angesagt.

Stattdessen gab es viel Zeit zum Lesen der Zeitung oder Lösen von Kreuzworträtseln. Auch Einkaufs-Errungenschaften durften unter der Bank stolz vorgeführt und bestaunt werden. Über die Ergebnisse der landesweiten Vergleichstests für Grundschüler wurde dagegen vor zeitweise leerem Auditorium debattiert. Selbst die Regierungsvertreter hatten sich bis auf Bildungsministerin Doris Ahnen rar gemacht. Ohne überflüssige Rituale ging es gleichwohl trotz aller Sommerlaune nicht ab: Ärgerte die CDU spontan mit der x-ten Aussprache zum Thema "Sicherungsverwahrung" die Regierungkoalition, setzte die SPD postwendend ihren mühsam mit Ministerpräsident Becks Hilfe errungenen "Ausbildungspakt" dagegen. Und wieder konnte eineinhalb Stunden Schaukampf geboten werden, bevor man sich - wie sinnig - dem Thema Politikverdrossenheit und Wahlmüdigkeit widmete. Derweil versuchten Grünen-Fraktionschefin Ise Thomas und CDU-Fraktionsvize Adolf Weiland frisch gewonnene Erfahrungen in der Praxis auszutesten. Während einer "Weiterbildungsreise" des Haushaltsausschusses zur Europäischen Kommission hatten sie durch intensive Studien in Brüssel an den politischen Größen und denen, die sich dafür halten, die Erkenntnis gewonnen, dass ein extrem aufrechter Gang, gemessener Schritt und bei den Herren eng geschnittene Sakkos die Bedeutung der Person unwahrscheinlich unterstreichen. Es wurde bereits mit dem Gedanken an eine Existenzgründung in Form einer "Bedeutungsschule" gespielt, bevor man feststellen musste, dass der Mainzer Landtag doch wohl eine zu kleine Bühne ist. Das unter den beiden Lästerern proklamierte Schaulaufen im Landtag fand nicht statt, hatten sie doch vor allem auf Finanzminister Gernot Mittler als unfreiwilligesStudienobjekt gesetzt. Doch der fehlte. So wurde jahreszeitlich angebracht noch schnell über "Vorsorgemaßnahmen für Ältere bei Hitzeperioden" debattiert, selbst wenn der Wetterbericht das Thema derzeit gar nicht hergibt, bevor sich viele endgültig reif für die Insel fühlten. Denn Sylt, Mallorca oder Gran Canaria werden auch von Ministern und gewöhnlichen Abgeordneten immer wieder mal gerne angesteuert.

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