Rheinland-Pfalz wird zum "Waschbärland"

Trippstadt (dpa/lrs) · Der Waschbär ist in Rheinland-Pfalz weiter auf dem Vormarsch. In den Wäldern im Norden ist der putzige Kleinbär schon häufiger anzutreffen. Nun taucht er auch öfter im Süden auf - da eher im städtischen Raum.

Der Waschbär wird sich nach Expertenansicht in Rheinland-Pfalz in den nächsten Jahren weiter deutlich ausbreiten: „Er fühlt sich hier pudelwohl: Das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht“, sagte Wildbiologe Ulf Hohmann von der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft in Trippstadt der Deutschen Presse-Agentur. Vor allem die laubwaldgeprägten Mittelgebirgslagen wie die Eifel seien „potenzielles Waschbärland“. In jüngster Zeit tauchten die Kleinbären auch vermehrt im Süden des Landes in und um Städten auf, sagte Hohmann.

Den Trend nach oben bestätigt der Landesjagdverband Rheinland-Pfalz: Im vergangenen Jagdjahr (April 2015 bis März 2016) seien mit 332 Waschbären rund 27 Prozent mehr als im Vorjahr erlegt worden, sagte Verbandssprecher Günther Dieter Klein.

Die höchste Zahl sei mit 91 Exemplaren im Eifelkreis Bitburg-Prüm gezählt worden. Die Jäger hätten zudem auch Waschbären in Regionen geschossen, die die Tierart bisher noch nicht erschlossen hatte: Zum Beispiel im Lehrrevier des Verbandes bei Weinsheim im Kreis Bad Kreuznach.

Im Norden von Rheinland-Pfalz sei der Waschbär von Hessen aus eher „natürlich eingewandert“, vermutete Hohmann. Im Süden des Landes handele es sich seiner Einschätzung nach vermehrt um eine Ansiedlung „durch die Freilassung von Gefangenschaftstieren“. Heißt: Der Waschbär ist als Haustier angeschafft worden - und dann absichtlich oder unabsichtlich freigelassen worden. „Diese Tiere sind sehr findig beim Ausbrechen“, sagte der Experte.

Trotz steigender Zahlen sei die Waschbär-Population in Rheinland-Pfalz derzeit noch eine „Randerscheinung“, sagte Hohmann. In Hessen wurden laut Landesjagdverband im vergangenen Jagdjahr knapp 28 000 Tiere erlegt, in Sachsen-Anhalt gut 23 000 und in Brandenburg mehr als 26 000. Die Populationsentwicklung könne sich aber auch in Rheinland-Pfalz innerhalb von wenigen Jahren rasant beschleunigen.

Eine Ausbreitung zu stoppen ist nach Ansicht von Hohmann nicht möglich. Insofern sei es unverständlich, warum die Europäische Union den Waschbären jetzt auf die Liste der invasiven Arten gesetzt habe, die eingedämmt werden solle. „Es gibt keine realistische Chance, diese Tierart wieder loszuwerden.“

Ökonomischen Schäden richte der aus Nordamerika stammende Bär nicht an. Eine potenzielle gesundheitliche Gefährdung könne in urbanen Regionen bestehen, wenn der Waschbär Spulwürmer habe. „Hier helfen nur präventive Maßnahmen“, sagte Hohmann. Mögliche negative Auswirkungen der Tiere mit der auffälligen Gesichtszeichnung auf Flora und Fauna würden derzeit noch erforscht.

Generell fresse der Waschbär alles, was reichlich zur Verfügung stehe, wie Äpfel oder Regenwürmer. Problematisch werde es, wenn er sich über Vorkommen hermache, deren Bestand bedroht sei - wie etwa die europäische Sumpfschildkröte in Brandenburg. „Die könnten vom Waschbären dann eventuell den Todesstoß versetzt bekommen.“

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