Rheumadecke statt Gewinn

TRIER. Wieder eine neue Masche, um Leute zu einer Kaffee-Fahrt zu locken, ohne dass diese es rechtzeitig bemerken: Ein Schreiben der "Verwaltungsfirma In-Sol" kursiert derzeit in der Region. Verbraucherschützer raten: Finger weg und ab in den Papierkorb.

Der Brief sieht amtlich aus. "Verwaltungsbüro In-Sol" steht auf dem Briefkopf. "Zwangsversteigerung-Konkurse-Firmenauflösungen Kapitalverwaltungen von Bargeld" heißt es da. Anneliese N. aus Trier konnte zunächst nichts mit dem Brief anfangen, in dem ihr von einer "Sachbearbeiterin Frau Lüders" mitgeteilt wird, dass sie nach "Auflösung der Werbefirma Rätsellöser und MTF-Gewinner… noch einen offenen Guthabenbetrag" habe und ihr ein Gewinn zustehe nach "§ 61b UGB" (der Paragraf ist frei erfunden, wofür UGB steht, bleibt das Geheimnis der Absender). Auf 485,22 Euro soll sich der Guthabenbetrag laut "Frau Lüders" belaufen. "Bevor Sie Klage erheben, soll die Sache außergerichtlich abgewickelt werden." Am 30. Juni "wird hiermit der Termin zur Übergabe öffentlich und letztmalig angesetzt", heißt es in dem Schreiben. Klingt alles hochoffiziell. Doch spanisch kam Anneliese N. das Ganze schon vor. Sie habe bei keinem Gewinnspiel mitgemacht, könne sich zumindest nicht daran erinnern. Und in der Tat scheint es wieder mal eine neue Abzock-Masche zu sein, wie TV-Recherchen ergaben. Denn zur ominösen Übergabe am 30. Juni fährt ab 5.25 Uhr ein Bus von Saarburg über Konz und Trier und holt die angeblichen Gewinner zu einem unbekannten Ziel ("Lager der Firma") ab. Dort gebe es ein "gutbürgerliches Frühstück" und später ein "schmackhaftes, reichhaltiges Mittagessen inkl. der visuellen Führung". Danach könnten sich die Gäste einen Artikel "von den Restbeständen", zum Beispiel ein "70 tlg. Goldbesteck oder Winterrheuma-Decken", mitnehmen - "natürlich kostenlos", wie extra betont wird. Alles deutet also auf eine Kaffeefahrt hin. Das glaubt auch die Verbraucherzentrale: Viele solcher Firmen arbeiteten mit offiziell aussehenden Urkunden oder Zertifikaten, warnen die Verbraucherschützer im Saarland. "Damit soll bei den Verbrauchern eine Rechtssicherheit vorgespiegelt werden, die so nicht existiert." Die Ankündigung einer "visuellen Führung" lasse auf eine Verkaufsveranstaltung schließen. Zudem stehe in dem Brief nirgends geschrieben, dass den angeblichen Gewinnern der genannte Betrag tatsächlich zustehe, warnen die Verbraucherschützer. Ein weiteres Zeichen für einen Haken an der Angelegenheit sei, dass das "Verwaltungsbüro In-Sol" lediglich eine Postfachadresse angebe und keine Telefonnummer nenne. Unter der gleichen Postfachadresse haben übrigens bereits andere dubiose Unternehmen firmiert, die zumeist ebenfalls durch Gewinnmitteilungen und Kaffeefahrten aufgefallen sind. Unter dem Postfach 6115 und der Postleitzahl 49094 finden sich unter anderem diese Firmen: Shopping-Club, Reise- und Marketingbüro LUX, Verwaltungs- und Bearbeitungsbüro, Buchungszentrale, Zweigstelle Nord und S.C.-Handel. Lediglich die Ortsangaben unterscheiden sich. Bei dem Verwaltungsbüro wird als Firmensitz Hellern genannt, bei den anderen angeblichen Unternehmen tauchen die Orte Hasetor oder Sutthausen auf - und zwar immer unter der gleichen Postleitzahl. Kein Wunder. Denn bei allen Orten handelt es sich um Stadtteile oder Viertel von Osnabrück. Vermutlich dient die Adresse also lediglich als Tarnung für eine Briefkastenfirma, die immer unter anderen Namen auftaucht. Das "Verwaltungsbüro In-Sol" ist nach Erkenntnissen des Internetforums gewinnbriefe.de auch schon unter anderen Absenderadressen wie etwa "26307 Varel" oder "49078 Atter" aufgetreten. Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz ist in den vergangenen Tagen ähnlichen Bauernfängern auf die Spur gekommen. Sie warnt unter anderem vor der Firma "Zentrale Kundenverwaltung", die mit einer ähnlichen Masche wie "In-Sol" vorgeht und den Empfängern ein Kundenkonto und einen Guthabenbetrag vorgaukelt. Auch die Firma "R.-Service-Center" aus Hamburg hält die Verbraucherzentrale für unseriös. Statt auf eine Shopping-Fahrt in ein Einkaufszentrum müssten sich die Gewinner wohl auf eine Verkaufsschau einstellen, vermuten die Verbraucherschützer. Sie raten: Vorsicht bei der Teilnahme an dubiosen Gewinnspielen. Niemals unbedarft persönliche Daten weitergeben. Oft finde sich im Kleingedruckten der Hinweis, dass die Daten zu Werbe- und Marketingzwecken weitergegeben würden. Was brennt Ihnen auf den Nägeln? Schreiben Sie uns: thema@volksfreund.de Wir bringen es voran!

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