Schriller Protest gegen Sparpaket

MAINZ. (win) Auf breite Ablehnung ist das erste Mainzer Sparpaket für den Nachtragsetat 2003 bei einer Anhörung im Haushaltsausschuss gestoßen. Kommunen sehen ihre Finanzmisere verschärft, Polizisten und Feuerwehrleute ihre Arbeit nicht gewürdigt.

Ein Spalier von Pappkameraden in Polizeiuniform begleitete die Mitglieder des Haushalts- und Finanzausschusses am Dienstag auf dem Weg vom Abgeordnetenhaus zum Landtag. Vor dem Parlament signalisierte ein Feuerwehrauto, dass es offensichtlich an der Sparfront lichterloh brennt und ein gellendes Konzert mit Trillerpfeifen machte endgültig klar, dass sich rund 200 Polizisten und Feuerwehrleute zum lautstarken Protest vor der Volksvertretung versammelt hatten. Im Ausschuss versuchten Polizeigewerkschaften und Feuerwehr-Vertreter vor allem den Koalitionsfraktionen SPD und FDP klar zu machen, dass die geplante Verlängerung der Lebensarbeitszeit um bis zu fünf Jahre von völlig falschen Voraussetzungen ausgehe. Höhere Kriminalität, höhere Belastung

Die besondere Altersgrenze von 60 Jahren trägt nach ihrer Überzeugung auch den besonderen psychischen und körperlichen Belastungen Rechnung. Ein rasanter Anstieg der Kriminalität und weniger Personal führten sogar zu höheren Belastungen, die erst recht nicht von einer überalterten Polizei geschultert werden könnten. Massiver Protest auch gegen die geplante Kürzung bei der jährlichen Einstellung der Anwärter von 300 auf 200. Bei der Feuerwehr geht bereits jeder zweite Beamte vor dem Erreichen der Altersgrenze. Heftige Kritik meldeten Städte, Kreise und Gemeinden an den geplanten Kürzungen bei der Jugendhilfe um 10 Millionen Euro und im Bereich der Pflegehilfen an. In beiden Bereichen gebe es seit Jahren überdurchschnittlich steigende Ausgaben. Lasten würden nun schlicht auf die Kommunen abgewälzt. Durch bereits vollzogene Eingriffe in den Finanzausgleich verringern sich bereits 2003 die Zuweisungen an die Gemeinden um 88 Millionen Euro und sacken damit auf den Stand von 1995 ab. Die Kommunalen Spitzenverbände fordern einen umgehenden Abbau von Standards für Bau und Betrieb öffentlicher Einrichtungen, um wenigstens den Ausgabenzuwachs unter Kontrolle zu halten. Beim Abbau solcher Vorgaben dürfe es keine Tabus geben, auch nicht im Bereich der Kindertagesstätten, waren sich die Kommunalvertreter einig. Blinde fürchten Rutsch in die Sozialhilfe

Kein Verständnis für die Kürzung des Landesblindengeldes für Neufälle von monatlich 529 auf 410 Euro zeigte der Landesblindenverband. Der Einspar-Effekt ist nach seinen Berechnungen gering, da die Blinden größtenteils in die Sozialhilfe abgedrängt würden. Die SPD im Land kann angesichts leerer Landeskassen vor allem den massiven Widerstand der Polizeibeamten gegen die Sparvorschläge nicht nachvollziehen. Rheinland-Pfalz sei Spitzenreiter bei der Einführung der zweigeteilten Laufbahn und damit der Abschaffung des geringer entlohnten mittleren Dienstes. Auch bei der technischen Ausstattung sieht die Koalition die Ordnungshüter bundesweit ganz vorn. Die Altersgrenze von 60 Jahren stamme von 1954 und sei angesichts gestiegenen Lebensalters und höherer Leistungsfähigkeit nicht mehr zeitgemäß, so die SPD-Retourkutsche.

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