Schulobst: Tausende Schüler gehen leer aus

Streitobjekt Schulobst: Es sind schwere Geschütze, die der Bund auf die Länder richtet. "Wenn es um gesunde Ernährung der Kinder geht, klaffen Anspruch und Wirklichkeit sehr weit auseinander", schimpft der parlamentarische Staatssekretär im Landwirtschafts- und Ernährungsministerium, Gerd Müller (CSU).

Berlin. Von "Verweigerung" ist in Berlin mittlerweile die Rede, von "verantwortungslosem Handeln". Denn acht von 16 Bundesländern wollen nicht mitmachen bei der kostenlosen Verteilung von Obst an Schüler. Tausende Kinder werden daher im kommenden Jahr leer ausgehen. Noch miserabler ist die Beteiligung beim von der Bundesregierung unterstützten EU-Schulmilchprogramm.

"Es ist absolut unverständlich und ärgerlich, dass sich Bundesländer diesen Aktionen verweigern", so Müller im Gespräch mit unserer Zeitung. Ein Drittel der deutschen Schulkinder gehe ohne ein Frühstück in die Schule. "Das ist ein untragbarer Zustand. Die Verantwortung liegt auf Länderebene."

Um das Schulobstprogramm hatte man monatelang gerungen, bis der Bundesrat im September den Weg für eine Teilnahme frei machte. Doch die Begeisterung in den Ländern hält sich seitdem in Grenzen: Bislang wollen sich lediglich Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und das Saarland beteiligen. Im ersten Quartal 2010 werden die meisten dieser Länder mit der Verteilung beginnen, nur das Saarland hat mit der Umsetzung bereits angefangen.

Die Länder, die sich indes dem Vitaminschub an den Schulen verweigern, führen als Grund dafür unter anderem einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand an. Und sie scheuen die Kosten. Allerdings liegen die wiederum nur bei 60 bis 70 Euro pro Kind und Jahr, und da die Europäische Union davon die Hälfte auch noch übernimmt, müssen die Länder lediglich 30 bis 35 Euro berappen - macht drei Euro pro Kind im Monat. Das sei als Beitrag für eine gesunde Ernährung der Kinder "weiß Gott nicht zu viel", wettert Müller.

Noch schlechter ist die Inanspruchnahme des seit Jahren laufenden EU-Schulmilchprogramms, das die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Milch zu einem günstigen Preis fördert. Mit dem Vorhaben sollen Kinder dazu angeregt werden, Milchprodukte zu trinken und sich ausgewogen zu ernähren. Bundesweit kommen bisher im Rahmen des Programms lediglich sieben Prozent der Schüler in den Genuss von Milch oder von Milchmixgetränken.

Dabei gibt es laut Statistik des Bundesernährungsministeriums erhebliche Abweichungen zwischen den Ländern: Während in Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Bremen zumindest 13 Prozent der Schüler teilnehmen können, sind es in Hessen und Rheinland-Pfalz knapp fünf Prozent, in Bayern 1,8 und in Baden-Württemberg nur 0,9 Prozent. Schlusslicht ist das Saarland, wo das Programm gar nicht genutzt wird. "Die EU-Mittel verfallen in den Bundesländern", kritisiert Staatssekretär Müller. Dabei belege ein entsprechendes Modellvorhaben in Nordrhein-Westfalen inzwischen, dass die Verteilung von Schulmilch nicht aufwendig und bürokratisch sei, wie Kritiker immer wieder behaupteten. Auch werde das Angebot von den Schülern gerne angenommen. Und: "Milchautomaten sind ebenso einfach aufzustellen wie andere Getränke-Automaten."

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