Schwer verdaulicher Brocken

MAINZ. Personalsparkonzepte werden entwickelt, Beamte müssen Federn lassen und Beförderungstermine werden gestrichen: Dennoch bleibt das Land weiter auf stattlichen Personalkosten sitzen. Sie verschlingen fast 42 Prozent der Ausgaben im Etat.

"Unumgänglich" nannte Finanzminister Gernot Mittler das Sparpaket, dass er vor allem den Beamten unter den Landesbediensteten verordnet hatte. Rund 103 Millionen Euro kommen allein 2004 durch Kürzungen bei Weihnachts- und Urlaubsgeld zusammen. Der für die Betroffenen schmerzliche Eingriff bringt zwar der Landeskasse gewisse Entlastung, doch die Personalausgaben steigen auch in diesem Jahr wieder um zwei Prozent auf 4,80 Milliarden Euro. Rund 100 000 Köpfe zählt die Landesverwaltung. Knapp 76 000 Vollzeitstellen weist die Personalstatistik für 2002 aus, wobei allerdings mehrere tausend Arbeitsplätze in Landesbetrieben nicht eingerechnet sind. Vor allem die gestiegene Zahl der Lehrer sorgt dafür, dass Einsparungen in anderen Ressorts letztlich nicht zu Buche schlagen. Von 31 700 im Jahr 1990 erhöhte sich der Personalbestand im Schulbereich auf inzwischen 37 300 Pädagogen, die sich 33 700 Vollzeitstellen teilen. In jedem normalen wirtschaftlichen Unternehmen müssten in solch mageren Zeiten durch Sozialplan und betriebsbedingte Kündigung einige tausend Arbeitsplätze wegfallen, so der mahnende Hinweis Mittlers beim Einbringen des Haushalts im Landtag vor allem an die Adresse der Beamten. Doch er versprach, dass der Staat weiterhin "ein guter und sozialer Arbeitgeber" bleiben werde. Diese Rolle war dem Land über Jahrzehnte lieb und teuer. Um bis zu 7,5 Prozent stiegen Anfang der 90er Jahre die Personalausgaben. Zwar erreichten die vor einigen Jahren für die Ministerien eingeführten Personalbudgets, dass die Ausgaben weniger rasant steigen, weil die Kosten gedeckelt und konkrete Stellenpläne als Vorgabe abgeschafft wurden. Der finanzielle Status quo war dennoch nicht zu halten. Selbst ohne zusätzliche Neueinstellungen wachsen die Personalausgaben nach Berechnungen des Finanzministeriums durch Tarif-Erhöhungen, Beförderungen, Alterszulagen oder steigende Versorgungslasten zwischen zwei und drei Prozent. Um die Kosten wenigstens einigermaßen in den Griff zu bekommen, musste an anderer Stelle gespart werden. So wurde 1997 die Wochenarbeitszeit der landesweit 66 000 Beamten von 38,5 auf 40 Stunden erhöht. Massiv gekürzt wurde über die Jahre bei der Polizei, die nach und nach 600 ihrer mehr als 9400 Stellen verlor. Einzig die Ausgliederung von Staatsbauverwaltung und Landesstraßenverwaltung in eigenständige Landesbetriebe sorgte 1998 und 2002 für einen leichten Rückgang bei den ausgewiesenen Personalausgaben des Landes. Doch Personal und Kosten firmierten dadurch lediglich unter einem neuen Dach. Zumindest der Landesbetrieb LBB als Nachfolger der Bauverwaltung hat inzwischen nach eigenen Angaben 300 von ursprünglich 1400 Stellen abgebaut. Noch völlig unklar ist, wie viel Einsparungen die umfassende Verwaltungsreform mit der Abschaffung der Bezirksregierungen im Jahr 2000 bisher erbracht hat. Während intern von einem Abbau von mehr als 100 Stellen die Rede ist, laufen Schätzungen in der CDU-Opposition nur auf rund drei Dutzend hinaus. Genaueren Aufschluss soll eine laufende Überprüfung der Reform ergeben. Langfristigwar die Einsparung von rund 750 der durch die Neuorganisation betroffenen 2900 Stellen geplant. Personaleinsparungen sollen auch jüngst eingeleitete Reformen in Agrarverwaltung (minus 650 Stellen), Forstverwaltung (minus 110) und Finanzverwaltung (minus 100) mit sich bringen. Im Nacken sitzen dem Land zudem die überdurchschnittlich steigenden Versorgungslasten für Ruhestandsbeamte und Hinterbliebene. Mehr als eine Milliarde Euro sind jährlich zu zahlen. Bis 2015 wird sich der Betrag verdoppeln, bis 2025 nach Schätzungen sogar verdreifachen. Noch in diesem Jahr will das Finanzministerium möglichst genau berechnen, was in den kommenden Jahren auf den Personaletat zukommt. Dessen Ausgaben im Griff zu halten, ist ein äußerst mühsames Geschäft, weiß man im Ministerium.

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