Schwindelig vor roten Zahlen
Man sollte es kaum glauben, aber es gibt in der Landespolitik auch noch andere Themen als den alles dominierenden Nürburgring. Letzterer hat die Abgeordneten seit Jahresbeginn zwar in 35 Auschuss- und Plenumssitzungen sowie mit rund 150 schriftlich gestellten Fragen an die Landesregierung beschäftigt, wie SPD-Fraktions-Chef Jochen Hartloff herausfand, doch es geht auch immer wieder an anderen Stellen ums liebe Geld.
Als Gast der Landespressekonferenz, die regelmäßig wichtige Politiker und Persönlichkeiten zu Hintergrundgesprächen einlädt, sprach Ministerpräsident Kurt Beck diese Woche über den hochverschuldeten Landeshaushalt. Die von Bund und Ländern gemeinsam beschlossene "Schuldenbremse" stellt eine gewaltige Herausforderung dar. Grundsätzlich lautet das Ziel, von 2020 an keine neuen Kredite mehr aufzunehmen. Für die Länder gilt ab diesem Zeitpunkt ein striktes Neuverschuldungsverbot. Derzeit ist man davon allerdings so weit entfernt wie die Erde vom Mond. Der Staat gibt aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise so viel Geld aus wie noch nie, um die Konjunktur anzukurbeln. Gleichzeitig sieht er sich damit konfrontiert, dass die Steuereinnahmen nicht mehr so sprudeln wie in den "fetten" Jahren.
Dem neuen Finanzminister Carsten Kühl dürfte beim Basteln des Nachtragshaushalts ein wenig schwindelig werden vor lauter roten Zahlen. Kurt Beck sieht grundsätzlich nur die Möglichkeit, die Haushalte mit steigenden Einnahmen in den Griff zu bekommen, wenn sich die Wirtschaft wieder erholt hat. Drastisch zu sparen, wie es von Finanzwissenschaftlern und dem Steuerzahlerbund immer wieder gefordert wird, hält er für wenig aussichtsreich. Womit er sich in bester Gesellschaft befindet, wenn man die politische Konkurrenz betrachtet. Die CDU im Land fordert fröhlich dieses und jenes - zum Beispiel neue Lehrer -, die FDP will Steuern senken. Angesichts dessen dürfte die "Schuldenbremse" eher ein netter Gag im Bundestagswahlkampf sein. Bis zum Jahr 2020 fließt noch viel Wasser die Mosel hinab. Und welcher Bürger hört schon gerne etwas von Einschnitten, vor allem, wenn sie ihn selbst direkt betreffen?