Selbst der Premier geht auf Distanz

Mit der Weigerung des Großherzogs, das Gesetz zur Sterbehilfe zu unterschreiben, treibt die seit sechs Jahren in Luxemburg heftig geführte Euthanasie-Debatte auf einen neuen Höhepunkt zu. Keine Entscheidung hat das Großherzogtum in vergleichbarer Weise gespalten.

Luxemburg. Schon das Abstimmungsergebnis bei der Parlaments-Debatte im Februar zeigte zwei unversöhnliche Lager: 30 Abgeordnete waren für den Entwurf, 26 dagegen, drei enthielten sich der Stimme. Gerade genug für ein Gesetz, das das katholische Luxemburg europaweit zum Vorreiter in Sachen aktiver Sterbehilfe macht. Vor allem die Kirche und ihr publizistisches Aushängeschild, das Luxemburger "Wort", hatten sich massiv gegen die Neuregelung eingesetzt. Sie reiße die Schranken des Lebensschutzes ein, hatte Luxemburgs Erzbischof Franck gewettert. Besonders die Option, dass ein Arzt auf Wunsch des Patienten aktiv dessen Leben verkürzen dürfte, stieß auf heftige Kritik.

Kaum war der Mehrheits-Beschluss im Parlament gefasst, legte der Staatsrat, eine Art Aufsichts-Gremium, sein Veto ein. Das hätte durch ein zweites Parlaments-Votum in der kommenden Woche überstimmt werden können - eine Entwicklung, die sich überdeutlich abzeichnete.

Nun hat Großherzog Henri mit seiner Ankündigung, die Unterschrift zu verweigern, eine beispiellose Situation geschaffen. Der ohnehin höchst brisante Vorgang gewinnt noch an Sprengkraft durch den Umstand, dass eine weit überwiegende Mehrheit der Luxemburger für das Gesetz ist. Das Staatsoberhaupt tritt also nicht nur gegen einen demokratisch gefällten Beschluss an, sondern auch gegen den Willen der meisten Bürger.

Kein Wunder, dass auch der konservative Premierminister Juncker, selbst ein Gegner des Gesetzes, deutlich auf Distanz geht. Wenn das Parlament ein Gesetz beschließe, dann müsse es auch in Kraft treten, sagte er in einem Radio-Interview. Wie das formal gehen soll, weiß im Moment niemand. Luxemburg steht vor spannenden Zeiten.

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