Selbstläufer Bitburg

MAINZ. Seit Beginn des Truppenabzugs 1989 sind in Rheinland-Pfalz mehr als 100 000 militärische und zivile Stellen abgebaut worden. Insgesamt gingen knapp 25 000 Arbeitsplätze verloren. Die nächste große Runde beim Truppenabbau von US-Streitkräften und Bundeswehr steht bevor.

Von einer gigantischen Umgestaltung des Landes durch den Abzug des Militärs sprach Ministerpräsident Kurt Beck bei der Vorlage des neuesten Konversionsberichtes. In den beiden vergangenen Jahren wurden noch einmal 5500 Soldaten abgezogen und fast 500 zivile Jobs gestrichen, so dass inzwischen insgesamt mehr als 100 000 Stellen weggefallen sind. Noch nicht berücksichtigt sind dabei laut Beck 6200 Jobs bei wehrtechnischen Betrieben und rund 50 000 mittelbar betroffene Arbeitsplätze, die vorher weitgehend durch das Militär gesichert waren. Ende 2003 waren in Rheinland-Pfalz noch 23 000 US-Soldaten, 1120 französische und 23 000 deutsche Militärs stationiert. Von den verbliebenen 24 000 Zivilbeschäftigten arbeiteten allein 16 000 für die Bundeswehr. In den fünf großen Konversionsprojekten - Flughafen Hahn und Zweibrücken, Flugplatz Bitburg, Industriepark Region Trier und PRE-Gewerbe-Park Kaiserslautern wurden knapp 7400 Arbeitsplätze geschaffen. Dass die Umwandlung militärischer Flächen große Chancen eröffnet, zeigt sich nach Becks Worten auf dem ehemaligen US-Luftwaffenstützpunkt Bitburg. 160 Unternehmen bieten dort inzwischen 1000 Arbeitsplätze, doppelt so viele wie vor der Räumung 1994. Rund 300 der 500 Hektar sind als Gewerbegebiet erschlossen. Die positive Entwicklung der Stadt zeigt sich laut Beck auch durch den Anstieg der Einwohnerzahl von 12 000 auf 15 000. "Bitburg ist ein Selbstläufer geworden", attestierte Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage (FDP). Mehr als 1,3 Milliarden Euro hat das Land von 1992 bis 2003 in die Förderung von Städtebau, Wirtschaft, Infrastruktur und Arbeitsmarkt in Zusammenhang mit der Konversion investiert. Über 3200 Miet- und Eigentumswohnungen wurden geschaffen. Noch einmal 1400 werden in den nächsten Jahren dazu kommen. Aus Sicht der Regierung gibt es daher im Land kein akutes Wohnungsproblem. Bauckhage bezeichnete den Flughafen Hahn als weiterhin erfolgreichstes Konversionsprojekt mit insgesamt 2400 Arbeitsplätzen. Hahn habe sich mit 2,5 Millionen Passagieren im vergangenen Jahr als erster Niedrigpreis-Flughafen etabliert. Nach Angaben von Innenminister Walter Zuber (SPD) wird wegen knapper Finanzen nicht mehr jede Fläche gleichwertig und gleichzeitig entwickelt werden können. Beck betonte, dass man bei dem bereits von den USA angekündigten Truppenabzug aus Europa vor allem um den Standort Baumholder kämpfen werde. Auf einen begrenzten Abbau müsse man sich jedoch einstellen. Zwar hat Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) laut Beck zugesichert, in den Planungen für die Neustrukturierung der Bundeswehr bei gemeinsamen Standorten von deutschen und amerikanischen Einheiten Synergie-Effekte abzuklären. Zusagen, Bundeswehr-Standorte bei Abzug der US-Truppen zu schonen, gibt es jedoch nicht.

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