Soll und Haben in der Landespolitik

MAINZ. Die Diskussion um ein Aufsteiger- oder Absteigerland Rheinland-Pfalz ist ein zentraler Streitpunkt im Wahlkampf zwischen SPD/FDP-Koalition und der Opposition von CDU und Grünen. Für die zu Ende gehende Wahlperiode gibt es beim Blick auf die Schwerpunktthemen für die Landesregierung Plus und Minus zu verteilen.

Arbeit/Wirtschaft: Auf dem Arbeitsmarkt sieht es in Rheinland-Pfalz vergleichsweise positiv aus. Seit Jahren rangiert das Land bundesweit an drittgünstigster Stelle bei der Arbeitslosenquote hinter Baden-Württemberg und Bayern. Mehrere unabhängige Studien und Standortvergleiche bescheinigen überdurchschnittliche Wirtschaftsdynamik und Aktivität. Nicht zuletzt dank Konzernen wie BASF und Boehringer liegt die Exportquote höher als in allen anderen Flächenländern. Finanzen: Bei der Haushaltslage des Landes sieht es dagegen eher düster aus. Ende des Jahres wird sich ein Schuldenberg einschließlich der Landesbetriebe von 26,7 Milliarden Euro angehäuft haben (1994: 14, 3 Milliarden). Die Pro-Kopf-Verschuldung lag Ende 2004 mit 5727 Euro um rund 1200 Euro über dem Durchschnitt der westlichen Flächenländer. In den vergangenen Jahren wurden neue Kredite von jährlich bis zu 1,7 Milliarden Euro aufgenommen. Von einer "bedrückenden Haushaltslage" spricht der Landesrechnungshof, der dem Land angesichts drückender Zinslasten nur noch eine eingeschränkte Handlungsfähigkeit zuspricht und konsequentes Sparen fordert. Konversion: Mit einer Milliardeninvestition (davon 340 Millionen Euro in der laufenden Wahlperiode) wurde seit Anfang der 90er-Jahre die Umwandlung geräumter Militärflächen in Wirtschafts- und Gewerbegebiete gefördert. Die Erfolge finden bundesweit Beachtung. Rund 40 000 neue Jobs wurden geschaffen. Konversionsprojekte auf den Flughäfen Hahn, Bitburg und Zweibrücken oder mit den Industrie- und Wissenschaftsparks in Trier und Kaiserslautern bieten mittlerweile deutlich mehr Jobs als die früheren zivilen Stellen der Streitkräfte. Vor allem in strukturschwachen Gebieten wurden so neue Impulse gesetzt. Förderpolitik: In der Kritik steht immer wieder die Förderpolitik vor allem von Innen- und Wirtschaftsministerium. Nicht nur der Landesrechnungshof bemängelt, dass Gelder teilweise nicht zielgerichtet und zweckgebunden vergeben werden. Oft fehlt zudem eine wirkungsvolle Kontrolle der Förderung. So werden Existenzgründer und Unternehmen unterstützt, obwohl sie gar nicht zur Zielgruppe gehören. Oder Ministerien fördern unkoordiniert parallel. Bildung: Beim Ausbau von Ganztagsschulen ist Rheinland-Pfalz bundesweit Vorreiter. Vor der Landtagswahl 2001 versprach die SPD die Einrichtung von 300 Ganztagsschulen mit Hausaufgabenbetreuung und Förderkursen bis 2006. Inzwischen verfügen 304 Schulen über ein freiwilliges Angebot, weitere 58 sollen nach den Sommerferien dazu kommen. In Kaiserslautern, Mainz und Trier wurden drei Schulen für Hochbegabte eingerichtet. Innere Sicherheit: Trotz überdurchschnittlich steigender Kriminalität wurde die Polizeistärke nach einem Höchststand von 9500 Beamten im Jahr 1996 kontinuierlich zurückgefahren auf rund 8800 Ordnungshüter. Erst in diesem Jahr wurde die selbst gesetzte Minimalstärke von 9000 Beamten wieder erreicht. Stetig gestiegen ist über die Jahre dagegen die Aufklärungsquote. Verkehr: Der seit 1994 betriebene Ausbau des Rheinland-Pfalz-Taktes im Regionalverkehr auf der Schiene gilt als vorbildlich. Die Fahrgastzahlen haben sich fast verdoppelt. Gleichzeitig läuft ein umfangreiches Erneuerungsprogramm für Bahnhöfe. Mindestens 100 Millionen Euro fließen jährlich in den Landesstraßenbau. Bürokratieabbau: Reformiert und verschlankt wurden Forst-, Agrar- und Katasterverwaltung. Dagegen brachte die Enquetekommission "Kommunen" des Landtags wegen des Widerstands der SPD keine greifbaren Ergebnisse. An einer Kommunalreform zeigte Ministerpräsident Kurt Beck lange Zeit wenig Interesse - bis der Koalitionspartner FDP mit der Forderung nach Abschaffung der Verbandsgemeinden nach vorne preschte und die Diskussion vorantrieb. Hochschulpolitik: Erst 2005 rückte die Landesregierung von einem Sparkurs in der Hochschulpolitik ab und legte angesichts deutlich gestiegener Studentenzahlen ein Sonderprogramm "Wissen schafft Zukunft" mit durchschnittlich jährlich 25 Millionen Euro auf. Hochschulen erhielten eine deutlich ausgeweitete Autonomie. Das gebührenfreie Erststudium wurde im Hochschulgesetz festgeschrieben.

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