Spielhallen und Casinos in der Region: Die Sucht nach dem Glück im Spiel

Trier · Die Zahl der Spielhallen soll reduziert werden. Eine aktuelle Studie belegt aber, dass immer mehr im Internet gezockt wird. Und eine Reform zur besseren Regulierung droht zu scheitern.

Die Sucht nach dem Glücksspiel hat Waldemar A. fast in den Ruin getrieben. "Ich musste mein Haus verkaufen, um meine Schulden zu begleichen", sagt der 61-Jährige, der derzeit in einer betreuten Wohngruppe der Suchtberatung "Die Tür" in Trier versucht, wieder ein Leben ohne Geldspielautomaten zu führen. Zwar hat er sich für Spielhallen und Casinos sperren lassen. "Ob ich in einer Stresssituation den Automaten widerstehen kann, die in den Kneipen hängen, weiß ich aber nicht."

Mehr zum Thema:

Das teure Spiel um ein gutes Leben

Droht den meisten Spielhallen das Aus?

Bund und Länder wollen die Zahl der Spielhallen reduzieren. Von den schärferen Vorgaben, zum Beispiel bei den Mindestabständen der Spielstätten, sind fast alle Orte mit Spielhallen im Land betroffen. Nach Angaben des Innenministeriums muss aber keiner dieser Betriebe in der Region Trier um die Erlaubnis fürchten, Glücksspiele zu betreiben.

Nach wie vor einen großen Graubereich gibt es bei dem zunehmenden Angebot von Online-Glücksspielen. "Das Internet trägt zu einer ständigen Verfügbarkeit von Glücksspielangeboten bei", sagt die rheinland-pfälzische Drogenbeauftragte Sabine May. "Es birgt daher erhebliche Suchtgefahren." May verweist auf eine aktuelle Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, wonach das Glücksspiel über das Internet, besonders Sportwetten, im Vergleich zu Geldspielautomaten und Angeboten in Spielbanken zunimmt.

Andreas Stamm leitet die Beratungsstelle "Die Tür", die seit 1992 Menschen mit Suchtproblemen hilft. Angebote zur Glücksspielsucht gibt es dort seit 2008. "Der Übergang von Vergnügen zum selbstschädigenden Verhalten einer Sucht ist fließend", weiß Stamm. "Es gibt eine große Dunkelziffer, denn die Hemmschwelle der Betroffenen ist groß und das Hilfsangebot noch zu wenig bekannt." Auch deshalb stand der Aktionstag der Suchtberatungsstellen am Mittwoch im Zeichen der Prävention von Glücksspielsucht.

"Spiele erzeugen Gefühle, das ist derselbe Grundmechanismus wie bei allen Süchten. Allerdings haben Glücksspiele im Internet ein besonders hohes Suchtpotenzial, weil die Reaktion sofort erfolgt." Ab und an zu spielen sei in Ordnung, sagt Stamm. "Wenn ich aber schlechte Laune bekomme, wenn ich nicht spielen kann, ist das ein Anzeichen für Suchtverhalten."

Wie bei Waldemar A., der sein Haus an Automaten verzockt hat, geht es auch beim Glücksspiel im Internet stets um Geld. In die Beratungsstellen kommen die Menschen meist allerdings erst, wenn die Geldprobleme überhand genommen haben oder eine familiäre Beziehung wegen des Spielverhaltens eines Partners zerbricht.
Die im März von allen 16 Bundesländern ausgehandelte Reform der Glücksspielregulierung soll die Vergabe von Sportwetten-Lizenzen in Deutschland ab 2018 neu regeln. Schleswig-Holstein hat nun aber angekündigt, der Reform nicht zuzustimmen. Der Grund: Im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung waren schärfere Regelungen vereinbart worden, die den gesamten Bereich der Sportwetten einschließlich Online-Kasinospiel sowie -Pokerspiele umfassen. Nun muss neu verhandelt werden.

Die Landesdrogenbeauftragte Sabine May, die dem Gesundheitsministerium in Mainz zugeordnet ist, hofft auf eine Einigung beim Glücksspielstaatsvertrag. Es seien wichtige Ziele, die Entstehung von Glücksspielsucht zu verhindern, Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten und das Glücksspiel?angebot zu begrenzen. "Das Ausweichen auf unerlaubte Glücksspiele in Schwarzmärkten soll möglichst verhindert werden."Glücksspielsucht in Rheinland-Pfalz

800 Menschen mit einer Glücksspielproblematik haben im Jahr 2015 die Suchtberatungsstellen in Rheinland-Pfalz aufgesucht. Laut einer aktuellen Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigen allerdings 23000 Menschen im Land ein zumindest problematisches Glücksspielverhalten.
25000 Euro Schulden sind keine Seltenheit


Glücksspielsucht ist in Deutschland eine anerkannte psychische Erkrankung, die nach Erkenntnissen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bei 0,37 Prozent der Bevölkerung vorkommt. Zusätzlich weisen 0,42 Prozent problematisches Glücksspielverhalten auf. Bezogen auf Rheinland-Pfalz bedeutet das, dass bei etwa 23?000 Menschen ein mindestens problematisches Glücksspielverhalten vorliegt. 16,1 Prozent der Betroffenen weisen nach Angaben der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) zudem mehr als 25 000 Euro Schulden auf.

Von den 721 Menschen, die sich im Jahr 2015 wegen glücksspielbezogener Probleme an eine der 16 Fachstellen gewendet haben, waren 82 Prozent männlich. 87 Prozent hatten in erster Linie Probleme mit dem "gewerblichen Spiel", 16 Prozent wegen Sportwetten. Jeder Zehnte nutzte in erster Linie Online-Spiele. Nach Aussage von Matthias krell, Geschäftsführer der Landeszentrale für Gesundheitsförderung (LZG), werden vor allem Sportwetten werden immer mehr Menschen - gerade jüngeren - zum Verhängnis. "Durch die Expansion der Wettbüros und die vielen Spielmöglichkeiten im Internet gibt es zunehmend Gelegenheiten, Geld einzusetzen und zu verlieren - und damit letztendlich die eigene Existenz aufs Spiel zu setzen."

. "Oft wird die Gefahr der Abhängigkeit unterschätzt, die von Glücksspielen ausgehen kann", erklärt der Geschäftsführer der LZG, Dr. Matthias Krell. "Viele Spielerinnen und Spieler glauben, man könne den Ausgang eines Glückspiels beeinflussen, z. B. durch Strategien oder Wissen. Dabei ist ein Gewinn allein durch Zufall bestimmt, egal ob im Spielsalon, am Pokertisch, im Sportwettbüro oder am PC daheim", so Krell. Dass Menschen, die zu Glücksspielen neigen, dies erkennen, sei für die Prävention essenziell und ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem reflektierten und verantwortungsbewussten Umgang damit.

Die 16 regionalen Fachstellen Glücksspielsucht sind Teil des rheinland-pfälzischen Landesprogramms "Glücksspielsuchtprävention und Beratung Spielsüchtiger". Dieses wird von der Landesfachstelle "Prävention der Glücksspielsucht RLP" der LZG im Auftrag des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie koordiniert. Die LZG leistet zudem fachliche Begleitung bei Fragen zur Prävention. Wissenschaftlich begleitet werden die regionalen Fachstellen durch die Universität Mainz.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort