"Spione" zahlen freiwillig

TRIER. Überraschende Wende im Prozess um "Spionage" beim Trierer Sender Radio 22: Beide Angeklagte haben ihre Einsprüche gegen die Strafbefehle zurück gezogen und damit ihre Schuld quasi eingestanden.

Ein Strafbefehl ist eine Art Friedensangebot der Staatsanwaltschaft. Bei Fällen, deren Sachlage klar zu sein scheint, wird der Strafbefehl auf ihren Antrag von einem Gericht ausgestellt. Die Beschuldigten werden damit bestraft, ohne dass eine Hauptverhandlung geführt werden muss. Der Staatsanwaltschaft und dem Gericht erspart das Arbeit, den Angeklagten einen öffentlichen Prozess, Zeit und nicht zuletzt (Anwalts-)Kosten. Voraussetzung ist, dass sie den Strafbefehl annehmen und sich damit für die ihnen darin vorgeworfenen Vergehen quasi schuldig erklären. Zwei dieser Strafbefehle hatte die Staatsanwaltschaft auch an den Trierer Verkaufsleiter des Senders Radio RPR und an einen freien Journalisten und ehemaligen Mitarbeiter des Senders Radio 22 ausgestellt (wir berichteten). Weil beide Einspruch eingelegt hatten, wurde der ihnen vorgeworfene Fall der "Verleitung zum Verrat von Geschäftsgeheimnissen" vergangene Woche auch öffentlich verhandelt und hatte einen Einblick in die rauen Sitten hinter den Kulissen der Radiomacher eröffnet. Der freie Journalist hatte laut Anklage im Auftrag des RPR-Mannes seinen Ex-Sender auszuspionieren versucht. Dazu beauftragte er einen Moderator von Radio 22, ihm interne Unterlagen zu besorgen. Der war allerdings laut eigener Aussage nicht willig, für die gebotenen 500 Euro kriminell zu werden und verpfiff die Spionage an seinen Chef und die Polizei, die bei der Übergabe der angeblichen Dokumente zuschaute. Zumindest der freie Journalist räumte die Vorwürfe vor Gericht auch ein - auf frischer Tat ertappt hatte er auch wenig Alternativen. Es sei allein seine Idee gewesen, sagte er vor Gericht aus. Auch der RPR-Mann gab vergangenen Woche noch an, nichts von der Spionage gewusst zu haben. Eine Zeugenaussage hatte ihn jedoch belastet, so dass sein Sinneswandel in dieser Woche nicht ganz überraschend kam. Mit der Rücknahme des Einspruchs erspart er sich und dem Gericht nun weitere Zeugenvernehmungen. Zu den Zeugen hätte womöglich auch bald der freie Journalist gehört. Denn Staatsanwalt Jürgen Schneider - extra aus Koblenz angereister Wirtschafts-Experte - kündigte an, wenn nötig, das Verfahren mit allen Konsequenzen durchzuziehen. Das hätte möglicherweise bedeutet, die beiden Verfahren abzutrennen. Im Prozess gegen den RPR-Verkaufsleiter hätte dann der möglicherweise bereits verurteilte Journalist als Zeuge aussagen müssen - dann allerdings der Wahrheit verpflichtet, während er als Angeklagter das Recht hat zu lügen, dass sich die Balken biegen. Wie schon in den Strafbefehlen festgelegt, muss nun der freie Journalist als Haupttäter 90 Tagessätze à 40 Euro zahlen, der Verkaufsleiter 60 Tagessätze à 80 Euro. Außerdem tragen beide sämtliche Gerichtskosten.

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