Spitzen gegen Spitzelei

DAUN. (HG) Überall im Land regen sich Ärzte über den Aufruf der AOK auf, Fehlverhalten von Medizinern und Versicherten anonym per Internet zu melden. In Daun haben jetzt zwei Ärzte öffentlich dagegen protestiert. Sie hängten Zettel an der AOK-Geschäftsstelle auf.

Das Maß ist für den Allgemeinmediziner Dr. Johannes Reineke aus Daun voll. Was die AOK Rheinland-Pfalz im Internet mit ihrer anonymen Meldeseite initiiert hat, ist für den 47-jährigen Mediziner ein Rückschritt in eine unselige Zeit der deutschen Geschichte. "Jeder Betrüger sollte entlarvt werden. Aber anonym denunzieren - das hatten wir doch schon mal in Deutschland. Bei der so genannten Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen der AOK Rheinland-Pfalz im Internet kann jeder jeden anschwärzen." Dieser Tage hängten er und sein Kollege Dr. Michel Chollet Zettel an die Fenster der AOK-Geschäftsstelle. Darauf stand: "Hurra, es ist wieder soweit!! Bei uns dürfen sie wieder, wie früher, andere Mitmenschen, Ärzte, Zahnärzte und Versicherte anonym denunzieren." Tags darauf waren die Zettel alle abgerissen - wer sie entfernt hat, wissen die beiden Ärzte nicht. Der Protestzettel wurde der AOK Daun daraufhin noch einmal in den Briefkasten geworfen. Auch an die Fraktionen im Dauner Stadtrat wurde das Protestschreiben geschickt. Reineke und seinen Kollegen ärgert vor allem, dass es egal ist, ob die Anschuldigungen stimmen oder nicht, da der Absender der Anschuldigung anonym bleiben kann. "Was nicht richtig ist, muss abgestellt werden. Aber müssen wir uns deshalb gegenseitig zu Spitzeln machen lassen und uns anonym bei der AOK anzeigen?", sagt Reineke. "Jeder sollte darüber nachdenken, bevor es wieder einmal zu spät ist."

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