Sportbund bleibt sich im Chaos treu

Seit Jahren ist im rheinland-pfälzischen Sport auf eines Verlass: den Ärger im Landessportbund (LSB). Drei von vier Männern an der LSB-Spitze gingen seit 2004 im Zorn, das Präsidium ist zerstritten und eine Lösung der erneut offenen Führungsfrage nicht in Sicht.

Mainz. Die Rede war von "fit für die Zukunft machen" und "alte Zöpfe abschneiden", als Sportminister Karl Peter Bruch (SPD) in der jüngsten Landtagssitzung zur Situation des Sports im Land sprach. Der Minister gab sich Wunschdenken hin, denn von "fit für die Zukunft" kann zumindest beim Landessportbund keine Rede sein. Neun Vizepräsidenten eines zerstrittenen Präsidiums versuchen sich derzeit ohne kommissarischen Kopf in der Führung des LSB. Der Sportbund ist ohne Linie, ohne Strukturreform und auch ohne Perspektive, wie es ein Kenner der Szene auf den Punkt bringt. Kompetenz-Streitigkeiten zwischen den drei einflussreichen regionalen Sportbünden, die auch bei Lotto Rheinland-Pfalz das Sagen haben, und einem eher schwachen LSB sind ein Dauerthema.Optimismus hält sich in Grenzen

Im Januar will Bruch die drei Präsidenten der Sportbünde Rheinland (Fred Pretz), Pfalz (Dieter Noppenberger) und Rheinhessen (Karin Augustin), die gleichzeitig LSB-Vizepräsidenten sind, zum Gespräch bitten. Schließlich fließen jährlich neun Millionen Euro aus der Landeskasse an den immer wieder kriselnden Landessportbund. Doch auch im Ministerium hält sich der Optimismus für die Zukunft stark in Grenzen. Die jüngste Führungskrise wurde durch eine umstrittene Gehaltszulage für einen Geschäftsführer ausgelöst (der TV berichtete). Noppenberger sah keine Vertrauensbasis mehr, gab das Amt als Geschäftsführender Vizepräsident auf, das nach dem Tod von LSB-Präsident Hermann Höfer als Übergangslösung geschaffen worden war, und zog seine Kandidatur für den Job des LSB-Präsidenten zurück. Während das Präsidium den Schritt als konsequent "vor dem Hintergrund der Ereignisse" bezeichnet, wähnte Noppenberger im Gespräch mit dem TV "Meuchelmörder" in der Verbandsspitze am Werk. Er hat Neid und Missgunst ab dem Zeitpunkt ausgemacht, als er seine Kandidatur bekannt gab. Derzeit habe er nur "die Nase voll". Über mögliche Nachfolger wird zwar spekuliert, aber gleichzeitig werden dicke Fragezeichen mitgeliefert. LSB-Schatzmeister und SPD-Landtagsabgeordneter Thomas Wansch gilt selbst im Sportbund Pfalz als nicht mehrheitsfähig. Günther Kern, SPD-Landrat im Rhein-Lahn-Kreis und in der Führungsriege des Turnverbands Mittelrhein, wird angeblich auch nicht "in den Akten geführt". Spekulationen, nach Jahrzehnten der CDU-Dominanz an der LSB-Spitze solle ein SPD-Vertreter nach vorn geschoben werden, weist Bruch zurück. "Der Sport ist autonom", so der Innenminister. Und ohne Hoffnung auf Besserung, wie Eingeweihte meinen. Meinung Gegen die Wand Wenn der Landessportbund über die Jahre etwas zuwege bringt, dann ist es, sich nach jeweils mühevollem neuen Aufgalopp schnellstmöglich selbst wieder zu demontieren. Ein wesentlicher Grund der immer wieder durchbrechenden Führungskrisen und des ständigen Machtgerangels sind die starken Positionen der eigenwilligen regionalen Sportbünde, die bislang alle Strukturreformen erfolgreich abwehrten. Aber auch ihre enge Verzahnung mit dem lukrativen Geschäft, der Lotto-Gesellschaft. Dabei geht es nicht zuletzt um Posten, Geld und Einfluss. Ein starker LSB würde in diesem tradionellen Zusammenspiel nur stören. Dumm nur, dass er zentraler Ansprechpartner des Landes ist und als Empfänger von Millionen Euro gebraucht wird. Vielleicht sollte man den offenbar unregierbaren LSB offiziell degradieren zu dem, was er für viele ist: der verlängerte Arm der regionalen Sportbünde. Deren Chefs könnten dann reihum im Jahreswechsel den LSB-Präsidenten mimen. j.winkler@volksfreund.deextra Landessportbund: Chaos-Versammlungen, heilloser Streit und unfreiwillige Abtritte prägen seit langem das Bild des LSB. 2004 ging Präsident Rüdiger Sterzenbach im Ärger, weil er vergeblich gegen die Macht der regionalen Sportbünde kämpfte, 2006 wurde sein glückloser Nachfolger Egon Heberger zum Rücktritt gezwungen. Ende November warf Dieter Noppenberger, Geschäftsführender Vizepräsident und Kandidat für den Chefposten nach dem unerwarteten Tod des im September 2006 gewählten Präsidenten Hermann Höfer, die Brocken hin. Der hauptamtliche Lehrer Noppenberger zog die Konsequenz aus den Querelen um eine von ihm veranlasste monatliche Gehaltszulage für LSB-Geschäftsführer Rudi Bernhard von 1600 Euro, die nach einer Suspendierung des Hauptgeschäftsführers Lothar Westram unter dem früheren Präsidenten Heberger gezahlt wurde. Als der Hauptgeschäftsführer jedoch nach Hebergers vorzeitigem Abschied auf seinen Posten zurückkehrte, floss das Geld einfach weiter. Uninformierte Präsidiumsmitglieder fühlten sich hintergangen, es gab Vorwürfe von "Vetternwirtschaft".

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