Suche nach einer Schlankheitskur

MAINZ. Akute kommunale Finanznot und der Ruf nach schlanker Verwaltung heizen erneut die Diskussion um eine Gebietsreform an. Der stellvertretende Ministerpräsident Hans-Artur Bauckhage (FDP) will die Verbandsgemeinden auf den Prüfstand stellen, und für den Steuerzahlerbund gibt es zu viele Kreise und kreisfreie Städte.

Verbandsgemeinden mit zwei bis 50 Ortschaften, kreisfreie Städte mit wenig Einwohnern, aber vielen Schulden, und strikt getrennte Verwaltungen von Stadt und Verbandsgemeinde am selben Standort: Die mehr als 30 Jahre alte letzte Gebietsreform hat den Rheinland-Pfälzern manche teure Ungereimtheit beschert. Eine fällige Überarbeitung wird zwar seit Jahren immer wieder thematisiert, doch kaum einer der politisch Verantwortlichen wollte sich bisher an dem heißen Eisen die Finger verbrennen.Nach heftiger Diskussion hat sich die FDP bei ihrem Parteitag im Dezember jedoch zu der Forderung nach einer Gebiets- und Strukturreform durchgerungen, um annähernd gleich große Verwaltungseinheiten bei Kreisen und Verbandsgemeinden zu schaffen und Kosten zu senken. Dabei soll auch geprüft werden, ob die vor allem in der Pfalz verbreiteten kleinen kreisfreien Städte nicht besser in Landkreise eingegliedert werden. FDP-Vize Hans-Artur Bauckhage geht sogar noch weiter: "Mittelfristig muss die Abschaffung der Verbandsgemeinden geprüft werden." Die Kommunen jammerten, so der stellvertretende Ministerpräsident im Gespräch mit dem TV , verfügten aber auch gleichzeitig über zu viel Verwaltung und zu wenig Willen zur Zusammenarbeit.

Wer die Verbandsgemeinde abschaffen wolle, lege die Axt an die Ortsgemeinden und nehme den Menschen Identität und Heimat, kontert dagegen beispielsweise Ernst Walter Görisch, selbst Verbandsbürgermeister und Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes. Günther Schartz, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Saarburg, will über den Aufgabenzuschnitt für die Verwaltung gern reden. Er bemängelt, dass der Umgang mit dem Land bereits viel Bürokratie erfordere. Trotz zusätzlicher Aufgaben habe seine Verbandsgemeinde seit 1994 acht von 64 Stellen abgebaut.

Ein Gutachten im Auftrag des Steuerzahlerbundes im Jahr 2000 hielt zwar an den Verbandsgemeinden fest, forderte jedoch teilweise einen neuen Zuschnitt. Die Zahl der 24 Landkreise könnte demnach fast halbiert werden. Nur Städte über 100 000 Einwohner sollten kreisfrei sein.

Während die Liberalen nun vorpreschen, hält sich der Koalitionspartner SPD zurück. Ministerpräsident Kurt Beck will erst einmal die Ergebnisse der Enquêtekommission "Kommunen" des Landtags abwarten. In dieser Wahlperiode steht eine Kommunalreform laut Koalitionsvertrag ausdrücklich nicht auf der Tagesordnung. SPD-Fraktionschef und Ortsbürgermeister Joachim Mertes macht jedoch keinen Hehl daraus, dass er viel von den Verbandsgemeinden mit ihren selbstständigen Ortsgemeinden hält. Mehr Druck will er allerdings in Richtung freiwillige Kooperationen machen.

Die scheinen bisher nicht sonderlich ausgeprägt. Zwar gibt es 14 Kommunen mit doppelten Verwaltungsstrukturen von Stadt und Verbandsgemeinde am selben Ort. Doch konkrete Verhandlungen zum Beispiel in Cochem, Kirn oder Grünstadt brachten bisher keine Ergebnisse. Laut Mertes funktioniert eine Reform nur, wenn die Union als zweite große Volkspartei mitzieht.

Andere Parteien noch sehr zurückhaltend

CDU-Chef Christoph Böhr und Hans Hermann Schnabel als oberster CDU-Kommunalpolitiker sehen derzeit aber keine Alternative zur Verbandsgemeinde. Werde die mehrfache Zuständigkeit für Aufgaben abgebaut und Verwaltung verschlankt, spare dies mehr als jede Gebietsreform. Doch die CDU will erst Aufgaben neu ordnen, bevor über neue Gebietsstrukturen geredet wird. Die Grünen warnen auch "ohne großes Herzblut" für die VGs vor einem Abschaffen um des Abschaffens willen. Natürlich müsse über Effizienz geredet werden, sagt Fraktions-Vize Reiner Marz. Doch auch er ist sicher, dass in selbstständigen Ortsgemeinden unter dem Dach des Verwaltungsverbands mehr lokale Identität herrscht als in zusammengelegten Einheitsgemeinden.

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