Tanz auf zwei Hochzeiten

MAINZ. Daun, Mainz, Berlin: Edmund Geisen ist viel auf Achse, seit er am 18. September überraschend in den Bundestag gewählt wurde. Noch sitzt der Eifeler FDP-Politiker aber auch im Mainzer Landtag – wohl bis Januar nächsten Jahres.

Montag und Dienstag Fraktionstreffen und die Wahl der Kanzlerin in der Bundeshauptstadt, Mittwoch und Donnerstag Fraktions- und Ausschuss-Sitzungen in der Landesmetropole und ab Freitag wieder Termine im heimischen Wahlkreis - der Stress des Abgeordneten-Daseins fordert Edmund Geisen seit Wochen gleich doppelt. Das unerwartet gute Abschneiden der Liberalen bei der Bundestagswahl beförderte den 56-jährigen Eifeler Landtagsabgeordneten ziemlich überraschend auch ins Bundesparlament.Spannender Alltag in Berlin

Vorerst genießt es der frühere Landwirtschaftsdirektor mit Doktortitel noch irgendwie, an der Spree und am Rhein auf zwei Hochzeiten zu tanzen. Der politische Alltag ist in Berlin noch nicht mit vollem Programm angelaufen, aber bereits hoch- spannend. "Der Spagat ist auf Dauer nicht zu machen", räumt Geisen im Gespräch mit dem TV ein. Auch wenn dem Familienmenschen bislang nur die Trennung von seinem Zuhause etwas schwer fällt. Für den Bundestag kandidierte er kurzfristig, weil die Bewerbung für einen sicheren Listenplatz zur Landtagswahl nicht so erfolgreich war wie geplant. Den "doppelten Abgeordneten" gibt der Diplom-Ingenieur nach eigenem Bekunden noch bis Januar, bevor er sich von der landespolitischen Bühne zurückzieht. Die nahe Landtagswahl hatte für ein "Ersatz"-Problem in Mainz gesorgt: Der Nachrücker wäre nur noch vier Monate Abgeordneter, weil er kein Listenkandidat für den 26. März ist. Für eine so kurze Karriere ist kaum jemand zu begeistern. Jetzt wird vermutlich mit dem Hunsrücker Thomas Auler sein Nachfolger auf der Kandidatenliste auch sein vorzeitiger Nachrücker. Bis Januar ist Geisen noch auf zwei politischen Bühnen aktiv. "Aber nur für eine Abgeordneten-Diät", wie er eilig versichert. Denn die Frage, ob dabei auch doppelt "kassiert" wird, kommt nicht nur bei Bekannten schnell. Das Abgeordnetengesetz ist jedoch eindeutig: Nur die höhere der beiden Entschädigungen wird gezahlt. Dasselbe gilt auch bei den Aufwandspauschalen. Seit 2001 sitzt Geisen im Landtag und hat dort sein "Gesellenstück" abgeliefert, wie er sagt. Im Bundestag heißt es nun, sich umzugewöhnen, "ohne dem Berliner Zentralismus zu verfallen". Das Tagesprogramm ist gedrängter, das Reichstags-Plenum mit 600 Abgeordneten kaum überschaubar im Gegensatz zur "Wohnzimmer-Atmosphäre" in Mainz. Auch der Wechsel aus einer Regierungskoalition auf Oppositionsbänke bringt Umstellungen: Kein kurzer Draht mehr ins vom Parteifreund geleitete Ministerium wie in Mainz. "Dafür kann man in der Opposition freier reden, ohne auf Abstimmungen in einer Koalition Rücksicht zu nehmen - und großzügiger fordern", weiß Geisen zu schätzen. Er sitzt in seinem Wunsch-Ausschuss "Ernährung, Verbraucherschutz und Landwirtschaft". Mit zwei FDP-Kollegen kann er sich dort die Arbeit teilen. In der achtköpfigen Landtagsfraktion ist dagegen jeder an mehreren Fronten gefordert. "Es macht Spaß in Berlin", sagt der Eifeler, auch wenn er nicht weiß, wie lange die Koalition hält, und ob er bei erneuten Wahlen noch einmal den Sprung an die Spree schafft. Doch es gibt kein Zurück. Im Januar legt er nicht nur sein Landtagsmandat nieder, sondern räumt auch seinen Platz auf der Landtagswahl-Liste.

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